Mit zwei Musiktheater-Produktionen startet das Theater Plauen-Zwickau in den Sommer: Auf der Bühne des Parktheaters Plauen lockt man Musical-Freunde mit „Hair“ in der Inszenierung von Stefan Brauer, auf Burg Schönfels gibt es für etwa 250 Zuschauerplätze Haydns nicht allzu häufig gespielte „Welt auf dem Monde“.
Schon für den Panoramablick Richtung Erzgebirge und für den verwunschenen Burghof lohnt sich die Anreise zu dem mittelalterlichen Gemäuer. Großzügig bemessene Besucherparkplätze gibt es, einen extra zu den Vorstellungen eingerichteten Shuttlebus aus Zwickau auch, die Kosten für ein Taxi – soweit auffindbar – vom Bahnhof Lichtentanne sind günstig.
Operndirektor Jürgen Pöckel wird mit Operndesideraten wie „Barbier von Bagdad“ und „Perlenfischer“ 2016/17 das Interesse an den Ersatzspielstätten für das renovierungsbedürftige Gewandhaus sichern. Hier setzt er ganz auf freundliche Unterhaltung und das Potenzial seines Ensembles.
Haydn’s „Il mondo della luna“ – entstanden 1777 für Eisenstadt – gehört mit einem nicht mehr barocken Gepräge, das noch nicht von Mozarts Verdichtung des musikalischen Komödiengenres profitiert, kaum zur Favoritenliste der Sommerhits. Die Fassung auf Burg Schönfels bringt das Stück auf unterhaltsame zweieinhalb Stunden mit Pause. Geschickte Striche und Anschlüsse zielen auf eine beschwingte Dynamik des bei Haydn absehbaren Wechsels zwischen Rezitativen und Nummern.
Ausgehend von der deutschen Übertragung Hans Swarowskys liefert sich das Ensemble mit glänzender Spiellaune dem Strudel um die Heiratsabsichten der beiden Töchter des „Mondsüchtigen“ Bonafede aus: Der wird mit einem wirr-turbulenten Maskentreiben in die fiktive „Welt auf dem Monde“ versetzt und dort von seinen Flausen kuriert. Karsten Schröder macht sich dafür gerne zum jungen Polterbass und bringt die Lacher wohltönend auf seine Seite: „Wenn ich dich verheirate, züchtige ich nicht dich, sondern deinen Gatten.“ Er ist Mittelpunkt des Spiels auf der Gassenbühne, wo Jürgen Pöckel dem geziert bis überzogen aufdrehenden ersten Teil ein „teatro lunatico“ mit üppigem Schaugepränge folgen lässt.
Da sprengt er den intimen Rahmen des Kammerspiels und reißt das Geschehen mit etwas Augenzwinkern in noch mehr Farbpracht. Andrea Eisensee umrahmt das mit allerlei aufklärerischem Symbol- und Astronomie-Zierrat, kreiert ein Kostümfest von Erdbeer über Rost bis viel Gold auch für die Sternenmasken. Agil gleiten die Akteure von Fahrrädern mit antikisierenden Büsten vor den Lenkern hinunter ins phantasierende Spiel.
Ständige Wechsel zwischen italienischer Originalsprache und deutscher Übersetzung beflügeln die Aufmerksamkeit. Eine Columbine (Emely Beck) und ihr Harlekin (Marvin Loye) zupfen, wuseln, rascheln, tänzeln einher. Und manchmal sieht man augenfällig, dass die große Liebe des Regisseurs eigentlich Offenbach gilt.
Man gibt durchweg der Komödie, was der Komödie ist: Die beiden Tenöre John Pumphrey (Eccitiloco) geschult an Bach und Marian Kalus (Diener Cecco) in guter Kenntnis des Metiers wetteifern um die Gunst des Publikums. Johanna Brault in der Hosenrolle Ernesto und Juliana Schenk als seine Clarice verdichten den guten Eindruck von Ensemblepflege im Vogtland. Wortdeutlichkeit und Spielfreude sind zu loben. Julia Eberts hat alle Koloraturfäden für die heiratswillige Fidalma sogar in schwindelnder Höhe auf dem Portal, sie ist der Publikumsliebling. Über eine Zofe Lisetta mit so rundem Mezzo und innerem Adel wie Natalie Senf wären auch größere Theater beglückt.
In dem offenen Areal spielen der Sommerwind und die Hügellage der musikalischen Präzision mitunter Streiche. Nicht immer federt die elektroakustische Verstärkung das ab, kokettiert dafür mit generiertem gegen das echte Vogelgezwitscher. Thomas Peuschel am Pult bringt musikalische Sicherheit und szenestützendes Tempogefühl in Einklang. Das Philharmonische Orchester Plauen-Zwickau hinter der Bühnenfläche und der Herrenchor (einstudiert von Friedemann Schulz) machen das Beste daraus.
Trotzdem: Insgesamt passt Haydns Oper besser in ein geschlossenes Haus oder – sofern vorhanden – in den Windschutz von Hecken, Gärten und Gemäuern. Burg Schönfels als Spielort des Theaters Plauen-Zwickau – unbedingt wieder, bitte: Vielleicht in Zukunft eher für robuste Singspiele, Possen und Opern aus dem reichen mitteldeutschen Reservoir, für die Festivals der Traditionshorte ringsum keine Kapazitäten aufbringen wollen…
- Wieder am 28.06., 19:30 Uhr I 29.06., 19:30 Uhr I 01.07., 19:30 Uhr I 02.07., 19:30 Uhr