Ein „Familien-Musical“ rund um einen unverwüstlichen Klassiker? Da kann wenig schiefgehen, würde man denken. Stimmt schon, aber eine Garantie für einen wirklich erstklassigen Theaterabend ist diese Konstellation eben auch nicht, wie sich nun in Regensburg herausstellte.
Hebt nur halb ab: Uraufführung des Musicals „Die Rückkehr von Peter Pan“ in Regensburg
Wenn man es pedantisch nimmt, geht es ja schon beim etwas lieblos übersetzten Titel los. „The Return of Peter Pan“ heißt das Stück im Original, das am Theater Regensburg in deutscher Übersetzung uraufgeführt wurde (Premiere 4.11., besuchte Vorstellung 8.11.). Hier könnte es nun „Die Rückkehr des Peter Pan“ heißen, oder – wenn man es weniger förmlich halten will – „Peter Pans Rückkehr“. Aber vielleicht sollte mit der saloppen Version ja an kindlich-jugendliche Sprechgewohnheiten angeknüpft werden.
So wie der als Fortsetzung von J. M. Barries Original angelegte Plot an deren Lebenswelten anzudocken versucht: Teenagerin Brina muss mit Mutter und Geschwistern die Wohnung wegen Mietrückstand verlassen. Peter Pan nimmt sie nach Nimmerland mit, wo sie diesem im Kampf mit Widersacher Käpt’n Hook und zu Leben erwachten Ninjas aus Brinas Handyspiel zur Seite stehen.
Ausgiebige, bühnenwirksame Flugeinlagen können leider nicht darüber hinwegtäuschen, dass die Szenenfolgen nie so recht in einen zwingenden Fluss kommen. Intendant Sebastian Ritschel und Dramaturg Ronny Scholz haben sichtlich Mühe, das Ganze nach dem Regiekonzept der kurzfristig erkrankten Anette Leistenschneider unter einen schlüssigen Spannungsbogen zu bringen. Auch das aus dunklen Minecraft-Würfeln bestehende Bühnenbild versprüht trotz wechselnder Beleuchtung nicht gerade poetische Abenteuer-Stimmung.
Ein wenig Witz kommt mit der Gruppe skurriler älterer Herren (Barries erwachsen gewordene „Verlorene Jungs“) und mit den Piraten ins Spiel, die nach Hooks vermeintlichem Ableben im Maul eines Krokodils des Raubens und Mordens müde geworden sind und lieber mit ihren angetrauten Nixen in der Lagune abhängen.
Die interessanteste Figur ist die Fee Tink, die nicht mehr Tinker Bell genannt werden und auch nicht länger bloßes Anhängsel von Peter Pan sein will. Der emanzipierte Swing-Song, den die agile Fabiana Locke im ersten Teil serviert (und der nach der Pause von Hook aufgegriffen wird, dem sie sich zwischenzeitlich anschließt), ist dann auch einer der wenigen musikalischen Hinhörer des Abends.
Stephen Keeling liefert ansonsten halbwegs solide Musical-Einheitsware, deren Melodien aber keinerlei Wiedererkennungswert entwickeln, und auch Stefan Mens’ Orchestrierung ist nicht gerade ein Ausbund an Subtilität. Viele von Shaun McKennas Liedtexten wirken in der Übersetzung Hanna Schuberts überdies einigermaßen ungelenk. Mit einem Patter-Song (Paul Kmetsch sehr wendig als Smee) und einer Nummer der Alten Männer gelingen Keeling immerhin zwei auf die Tradition der Savoy-Operas von Gilbert & Sullivan anspielende Elemente.
Das Ensemble rund um den charismatischen Felix Rabas als Peter Pan, den fulminanten Alejandro Nicolás Firlei Fernández als Hook und die quirlige Scarlett Pulwey als Brina macht mit Einsatz und Spielwitz viel Boden gut. Auch der Chor hat sichtbar Spaß an der familienfreundlichen Unterhaltung, die an diesem Abend nach seltenen Lachern und wenig Zwischenapplaus am Ende doch recht begeistert aufgenommen wird. Aus dem Graben tönt das Philharmonische Orchester unter Harish Shankar nur mittel enthusiasmiert, sodass als musikalischer Höhepunkt die spontane Pauseneinlage der Horngruppe im Gedächtnis bleibt: „Es wird scho glei dumpa“ und „Ein Männlein steht im Walde“. Ach ja, Humperdinck…
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