Das Münchner Rodin-Quartett veranstaltet im Max-Joseph-Saal der Residenz seine eigene Kammermusikreihe. Wenn große Veranstalter keinen Platz mehr in ihren Abo-Zyklen für ein Streichquartett der nicht allerersten Reihe des internationalen Musikgeschäfts haben, dann muss man sich sein Publikum eben legitimerweise selbst rekrutieren. Auch bei den Ro-dins, die immerhin seit 1993 in der jetzigen Besetzung zusammen konzertieren, geht das bislang nicht ohne Kompromisse mit dem vermeintlich extra-konservativen Geschmack des Kammermusikpublikums ab. Alle Musik nach Brahms scheint in den fünf Münchner Konzertterminen dieser Saison verpönt – mit der Ausnahme von Schostakowitsch, worüber man sich an geeigneter Stelle einmal Gedanken machen sollte. Das Rodin-Quartett hat in den letzten Jahren vor allem durch sein Interesse am Quartett und Kammermusikschaffen der Musikerfamilie Lachner Verdienste erworben. Neben den Quartetten des mächtigen Münchner Generalmusikdirektors und Schubert-Jugendfreunds Franz Lachner waren auch die von Bruder Ignaz zu entdecken.
Das Münchner Rodin-Quartett veranstaltet im Max-Joseph-Saal der Residenz seine eigene Kammermusikreihe. Wenn große Veranstalter keinen Platz mehr in ihren Abo-Zyklen für ein Streichquartett der nicht allerersten Reihe des internationalen Musikgeschäfts haben, dann muss man sich sein Publikum eben legitimerweise selbst rekrutieren. Auch bei den Ro-dins, die immerhin seit 1993 in der jetzigen Besetzung zusammen konzertieren, geht das bislang nicht ohne Kompromisse mit dem vermeintlich extra-konservativen Geschmack des Kammermusikpublikums ab. Alle Musik nach Brahms scheint in den fünf Münchner Konzertterminen dieser Saison verpönt – mit der Ausnahme von Schostakowitsch, worüber man sich an geeigneter Stelle einmal Gedanken machen sollte. Das Rodin-Quartett hat in den letzten Jahren vor allem durch sein Interesse am Quartett und Kammermusikschaffen der Musikerfamilie Lachner Verdienste erworben. Neben den Quartetten des mächtigen Münchner Generalmusikdirektors und Schubert-Jugendfreunds Franz Lachner waren auch die von Bruder Ignaz zu entdecken. Jede Regel verträgt aber auch einmal eine Ausnahm”: Die Rodins hatten zum zweiten Termin der Saison Cello-Doyen Siegfried Palm unter dem Motto „Schubertiade“ eingeladen. Palm war es, der quasi jedem namhaften Komponisten der 60er- und 70er-Jahre Werke fürs Cello abverlangt hat. Als Cellist brachte er es gar harsch kritisierte Jahre auf den Intendantenstuhl der Deutschen Oper Berlin. Der einst mächtige Mann ist erschütternd alt geworden. Beugte sich Palm einst kraftstrotzend übers Griffbrett, um dem Instrument alle das schöngeistige Publikum so verstörende neuen Spieltechniken zu entlocken, so lugt er nun allenfalls listig hinter diesem Versteck hervor. Und so hat sich auch sein Spiel verändert. Der bestimmende, oft cholerisch aufbrausende Ton ist einer zarten, dennoch rhythmisch ungemein gespannten Akuratesse gewichen, die den außerordentlichen Klang von Palms Grancino-Instrument für sich sprechen lässt. Es dauert bis zum Andante-sostenuto-Trio von Schuberts C-Dur-Quintett, bis Palms Zurückhaltung auf seine Kammermusik-Partner übergreift. Dann aber öffnen sich doch noch Schuberts dynamische Abgründe, die Pannen werden entschieden weniger. Das Rodin-Quartett setzt in der extrem scharfen Akustik des Saals viel zu sehr auf direkten und süffigen Zugriff. Wer sich hier planlos in die Noten hineinkniet, braucht sich kaum wundern, wenn er vor allem Primaria Sonja Korkeala in Gefahr bringt. Im einleitenden D-Dur-Quartett von Schubert hielt sich die Zahl der Phrasen mit und der ohne Intonationspannen annähernd die Waage. Das sollte Warnung genug sein.Palm und die Rodins lernten sich beim Jugendfestspieltreffen in Bayreuth schätzen. Dort entstand mit dem Komponisten Tobias PM Schneid auch die Idee zu einem Stück: „Ritual Fragment. In memoriam“ lotet in idyllischer Bewegung Obertonlandschaften aus, durch die sich absteigende Leitern wie kleine Bäche schlängeln. Ganz selten stören ein klirrender Kratzer oder ein angerissenes Wummern, die durch die Instrumente hindurch wandern, den kanonischen Frieden. Mehrmals trifft sich das Quintett zu einem wundervoll ausregistrierten „Schlussakkord“, der in eine kleine Generalpause mündet, worauf die nächste Strophe dieses Rituals beginnen kann. Die nicht ganz perfekte Uraufführung traf doch den Geist des Stücks – und konnte das dem Publikum auch unwidersprochen vermitteln. Eine kurze Einführung hätte die Stimmung eventuell noch mehr gelockert, auch deshalb, weil das Programmheft den Titel des Stückes nicht nannte und nur die „Uraufführung“ annoncierte. Man kann angesichts des Titels in Schneids ganz vorsichtig Klänge aushörendem Werk einen neo-tonalen Gegenentwurf zur „Strophik“ von Boulez’ „Rituel. In memoriam Bruno Maderna“ erkennen. Doch Schneid hält sich mit Bedeutungszuweisungen für seine Musik zurück, obwohl ein wenig „programmmusikalisches“ Unterfutter auch der Aufmerksamkeit für sein Komponieren in solcher Umgebung nur nützen könnte.
Zusammen mit Siegfried Palm zu musizieren ist sicher kein einfaches Unterfangen. Doch das Rodin-Quartett und sein Publikum profitieren in einer solchen Begegnung hörbar: Hier werden eingespielte Sicherheiten aufs Spiel gesetzt.