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Iris Kelly (Lynsey Reid) | Tyrone Jackson (Anthony Curtis Kirby). Foto: Olaf Struck
Iris Kelly (Lynsey Reid) | Tyrone Jackson (Anthony Curtis Kirby). Foto: Olaf Struck
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Inneres Feuer und Spielfreude: „Fame – Das Musical“ in Kiel

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Das Theater Kiel eröffnete mit „Fame – Das Musical“ die Saison ungewöhnlich leichtfüßig, mit einem Genre, das gewöhnlich der Oper hintanstehen muss (Premiere: 29. September 2017). Geschuldet sei das nach Aussage des Kieler Generalintendanten Daniel Karasek der kurzen Vorbereitungszeit, die wiederum eine Folge des späten Ferienendes im nördlichsten Bundesland sei. Was die Kieler dann auf der Bühne zeigten, wirkte aber durchaus nicht wie kurzfristig aus dem Boden gestampft.

Ein internationales Ensemble

Das Theater hatte sich den Luxus gegönnt, für die Inszenierung ein sehr fähiges, zugleich internationales junges Ensemble zu engagieren. Es spiegelte leibhaftig die Melange der Rollen, die Grundlage für die Stückidee des amerikanische Produzenten und Autors David De Silva war und die 1980 zu Alan Parkers „Fame – Der Weg zum Ruhm“ führte. Der Film wollte Leben und Ausbildung von Jugendlichen jedweder geografischer und sozialer Herkunft zeigen, die aber eines eint, ihr Traum vom gloriosen Bühnenleben. Als Vorbild diente New Yorks berühmte „High School of Performing Arts“, kurz L.A., das Institut, das auch Eartha Kitt oder Liza Minnelli besuchten.

Vielfältige thematische Verflechtung

In „Fame“ wird Persönliches der Figuren mit allgemeingültigen Themen vermischt, etwa die Rolle der prägenden Herkunft oder von frühem Drill mit dem, wie eine Begabung sich zeigt, was einen Künstler ausmacht oder was der Erfolg aus einem Menschen machen kann. Das sind vielfältige Themen für eine Handlung, die unterhalten will und dennoch ernsthaft darzustellen sich müht, Facettenreichtum und Aufwand einer Bühnenausbildung aufzuzeigen und dies dann mit individuellen Schicksalen verbindet. José Fernandez verfasste das Buch dazu, Jaques Levy die Songtexte und Steve Margoshes die Musik. Der Film wurde ein großer Erfolg, wurde für Oscars nominiert und erhielt zwei. Eine gleichnamige Fernsehserie entstand und lief in Amerika mehrere Jahre. 1988 kam dann der Triumph mit „Fame – Das Musical“.  

Musik und Show

Erfolge und Fehlschläge, charakterliche Stärken und Fehler, Neid und Eifersucht oder Zuneigung und Freundschaft bestimmen äußerlich die Handlung. Da bleibt bei der Fülle der Charaktere manches im Ungefähren, eine Schwäche auch der Kieler Aufführung. Aber ein Musical-Besucher will vor allem ohrgängige Musik und eine gekonnte Show. Und die gab es. Fast 30 Jahre nach der Uraufführung ist „Fame“, so wie hier gespielt, immer noch ein kraftvolles Bühnenereignis. Für den musikalischen Schwung sorgten die Kieler Philharmoniker unter Moritz Caffiers Leitung und dazu kleinere Ensembles, teils aus einem Studio akustisch eingeblendet. Sie bemühten sich mitreißend, dem Leichten auf die Sprünge zu helfen. Die Bühnenshow (Regie: Ricarda Regina Ludigkeit) nutzte gekonnt Stärken der 14 Akteurinnen und Akteure, die für die Schülerschaft standen, und der vier Älteren, die die Lehrkräfte verkörperten. Ein Bühnenhaus mit mehreren Ebenen (Hans Kudlich) mochte dem alten Bau des L.A. nachempfunden sein, das die Schule beherbergte, bevor sie 1984 in ein modernes Gebäude umzog. Zwischen mit Graffitis beschmierten Wänden unten und einer viktorianisch anmutenden Empore boten versetzte Ebenen vielerlei kleinere Spielflächen. Die vielen Treppen ließen sich prächtig bespielen, besonders gekonnt bei einer Stepptanzeinlage mit dem gebürtigen Briten Kevin Perry als Solisten. Grandios auch sein drall erotisches „Can’t keep it down“, mit dem er seinen Joe aus der Bronx ausstattete.

Harte Arbeit

Den Einzelleistungen stehen sehr impulsiv wirkende Ensembles entgegen. Sie zeigen die Vielfalt der Musical-Darsteller, die vom klassischen Ballett über Step- und Breakdance bis hin zum Instrumental- und Schauspielunterreicht geht. Im Solo oder im intensiven Duett, bei Raps und in Prayersongs bis hin zum A-cappella-Chor müssen sie sich bewähren. Kraftzehrend ist das alles, „Hard work“ und viel Disziplin nötig, wovon die Inszenierung plastisch erzählt. Doch auch davon, dass alles nur gelingt, wenn, wie hier, das innere Feuer, die Spielfreude über die Rampe kommt. Herausragend sind Salka Weber (Carmen), die ausgelaugt und zerbrochen nach einem frühzeitigen Ende ihrer „Karriere“ ihre ehemalige Ausbildungsstätte besucht. Sehr präsent ist auch Anthony Curtis Kirby, der den begabten, aber leseschwachen Tyrone verkörpert. Barbara Wanasek spielt beherzt die vitale Mabel, die ihrer Esslust zuliebe vom Ballett zum Schauspiel wechselt. Auch Leoni Kristin Oeffinger (Serena), Christof Messner (Shlomo) oder Robert Schmelcher (Nick) wären zu nennen, und viele mehr.

Noch ein Thema

Durch die „erwachsenen“ Protagonisten ergibt sich ein weiterer Themenkomplex. Es ist das Lehrer-Schüler-Verhältnis, auch dies wieder in vielfältigen Facetten. Als strenge Direktorin und Englischlehrerin Ms. Sherman bekennt die stimmkräftige Heike Wittlieb, einziges Kieler Ensemblemitglied in der Produktion, die persönliche Bindung zu ihren Eleven: „These are my children“. Im grandiosen Streitduett mit der Ballettausbilderin Ms. Bell, fein gestaltet und gesungen von Julia Klotz, setzt die sich für Sonderbegabungen wie die von Tyrone ein, ein Bemühen, das aus tieferen Gefühlen für den Schüler entsteht. Nicht ganz so einhellig sind die Männerrollen. Siegmar Tonk muss vom klassischen Klavierlehrer Mr. Sheinkopf zum Soulsänger mutieren, weil er erkennt, dass die Begabung Shlomos vielseitiger als seine ist. Die Rolle des Schauspiellehrers Mr. Myers, gestaltet von Andreas Torwesten, ist per se wenig ausgeprägt. Dennoch hebt sich der Bereich um das Kollegium durch eigene Komplexität heraus.

Kurz

Das Publikum war hellauf begeistert. Es spendete langen Beifall für eine qualitativ hochklassige Musical-Inszenierung, die aber die Schwächen einer überfrachteten Handlung nicht überdecken konnte.

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