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Camila Meza beim BMW World Jazz Award. Foto: Ssirus W. Pakzad
Camila Meza beim BMW Welt Jazz Award. Foto: Ssirus W. Pakzad
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Inneres Leuchten – Das Camila Meza Quartet begeisterte das Publikum beim BMW Welt Jazz Award

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Mal ganz andere Töne: sanfte, ohne jedes Imponiergehabe. Der BMW Welt Jazz Award ist ein Wettbewerb – der umjubelte Auftritt der Chilenin Camila Meza dürfte eine echte Debatte bei der fünfköpfigen Jury ausgelöst haben. Denn die zwei Damen und drei Herren, die darüber befinden, wer von den insgesamt sechs Teilnehmern denn nun am 18. April ins Finale einziehen wird, müssen sich nach dem dritten Matinee-Konzert fragen, wie weit man dem Motto „Playing My Guitar“ gerecht werden sollte, ob umwerfender Charme gegen technisches Überfliegertum eine Chance verdient, ob solides, klassisches Handwerk gegen Innovation konkurrieren kann.

Schon als sie die Bühne betritt, spürt man, dass Camila Meza von einem inneren Leuchten erfüllt ist, das sich nach außen überträgt. Die kleine Chilenin, die ihre Wahl-Heimat New York im Sturm überwältigt hat, ist ein echter Sonnenschein und ihr Lächeln könnte den Schneematsch da draußen vor dem Doppelkegel leicht zum Schmelzen bringen. Die freundlichen Züge weichen nur, wenn Camila Meza sich ein Solo leistet – mit den Grimassen, die sie im Eifer des Gefechts schneidet, kann nicht mal Carlos Santanas Mimik mithalten. Eigentlich sind der weit aufgerissene Mund, die zusammengekniffenen Augen, die Faltenbildung zwischen den Brauen ein krasser Widerspruch zu dem was da zu hören ist – Camila Meza legt es in ihren Chorussen wenig auf Drama an: ganz unaufgeregt spielt sie eine sehr klassische Jazzgitarre, mit all den Läufen und Harmonien, die man an den Hochschulen so beigebracht kriegt. Sanft gleitet ihre Griffhand über den Hals ihres Instruments und das Plektrum klickt dabei wie ein Metronom auf den Tonabnehmer.

Camila Meza, die aus Santiago de Chile stammt und seit 2009 in der Jazz Szene des Big Apple zu Hause ist, mag keine überragende Gitarristin sein und auch keine Sängerin von Format – was aber das Publikum so zu verzücken scheint, ist, dass die junge Frau echt und unverstellt ist, dass sie betörend zart sein kann und somit Beschützerinstinkte weckt, dass sie andererseits furchtlos Singer-Songwriter-Ästhetik mit Jazz und Música Popular Brasileira kreuzt, dass sie Federleichtes mit einem ordentlichen Pfund Rock kontrastiert und dass sie eine begnadete Kommunikatorin ist – die Verbindung zum Auditorium ist immer vorhanden, und mit ihren Mitmusikern versteht sie sich telepathisch.

Eine tolle Band hat sie sich da zusammengestellt: mit dem aus Tel Aviv stammenden Pianisten Shai Maestro, der ungewöhnlich zu harmonisieren weiß und immer wieder nahöstliche Ornamentik in sein Spiel einbaut, mit der malaysisch-chinesisch-australischen Bassistin Linda Oh, die an diesem Morgen den Laden zusammenhält und mit dem texanischen Schlagzeuger Kendrick Scott, der die sanften Songs manchmal latent subversiv rhythmisch aufmischt und trotzdem sehr dienlich auf Fellen und Becken agiert.

Zum Ende des Konzerts, nein, eigentlich schon deutlich vorher, hatten fast alle im Saal Camila Meza ganz doll lieb – und obwohl erst die Hälfte der Teilnehmer des BMW Welt Jazz Awards sich vorgestellt haben, kriegt man beim Buchmacher sicher keine große Quote in Aussicht gestellt, wenn man darauf wettet, dass die Chilenin 2015 den Publikumspreis in Empfang nehmen wird.   

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