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Foto: Iko Freese / drama-berlin.de
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Jahresend-Weltreise oder Drei Hochzeiten und kein Todesfall – Paul Abrahams „Viktoria und ihr Husar“ an der Komischen Oper Berlin

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Alljährlich gegen Jahresende gibt es in der Komischen Oper Berlin eine halb-szenische Produktion. Zunächst für fünf Jahre dem Komponisten Emmerich Kálmán gewidmet, steht seit der vorigen Spielzeit ein fünfteiliger Zyklus mit selten zu hörenden Operetten von Paul Abraham an. Nach dem „Märchen im Grandhotel“, folgte nun Paul Abrahams wohl bekanntester Operettentitel, „Viktoria und ihr Husar“.

Diese Operette ist ein Musterbeispiel dafür, dass man neuen Werken eine zweite und dritte Chance bieten muss. Denn „Viktoria und ihr Husar“ war bei der Uraufführung ein Flop und wurde erst in der deutschen Fassung, dank der witzigen Texte von Alfred Grünwald und Fritz Löhner-Beda in den frühen Dreißigerjahren zu einem nachhaltigen Welterfolg.

Für Barrie Koskys Entscheidung, diese Operettenhandlung, die als eine Ausstattungsreise durch Russland, Japan und Ungarn konzipiert ist, konzertant darzubieten, entschädigen Spiel und Kostüme. Halbszenisch also Klänge á la „Zarewitsch“ und „Land des Lächelns“ der vorangegangenen Lehár-Operetten, gemischt mit Csardas und Wiener Walzer. Pentatonik und Jazz dominieren im breiten ersten Akt, der in der US-Botschaft in Tokio spielt, neben Volkslied, Marsch und Music Hall.

Der Husar Stefan Koltay flieht mit seinem Stiefelknecht Jancsi aus russischer Kriegsgefangenschaft nach Japan, wo er seiner einstmaligen Verlobten Viktoria, die ihn für tot gehalten hatte, wiederbegegnet. Sie ist inzwischen mit dem amerikanischen Botschafter verheiratet, unter dessen diplomatischem Schutz er und sein Bursche, zusammen mit Viktoria, deren Bruder Ferry und dessen japanischer Frau nach St. Petersburg reisen. Koltay liefert sich dem russischen Geheimdienst aus. Doch nach der Scheidung Viktorias gibt es im ungarischen Dörfchen Doroszma ein spätes Happyend für Viktoria und ihren Husar und gleich drei Hochzeiten: eine bereits zum zweiten Mal (weil die in Japan geschlossene Ehe angeblich in Ungarn keine Gültigkeit hat) und die von Bursche und Kammerzofe sowie dem titelgebenden Liebespaar.

Die Länge von pausenlosen knapp anderthalb Stunden erinnert an die früheren großen Querschnitte auf Langspielplatten. Die Aufführung in der Komischen Oper ist eine halbe Stunde länger als derartige LPs es waren – insbesondere durch die vermittelnden Texte, welche die originalen Dialoge ersetzen. Erfreulicherweise ohne aufgesetzte Komik trägt der bekannte Schauspieler Gerd Wameling diese vor, in der Doppelfunktion von US-Botschafter und Erzähler.

Nur wenige originale Dialogfetzen der Erfolgslibrettisten sind erhalten, aber erfreulicherweise die beiden melodramatischen Aussprachen zwischen den einstigen Verlobten, dem Titel-Paar.

Die sieben Solist*innen haben Mikroports, die aber nur beim Erzähler und beim zweiten Buffopaar hörbar zum Einsatz kommen, während sie bei den übrigen primär die Rundfunkaufzeichnung gewährleisten. Seine Geige hat Jancsi für die Flucht von der Wolga eingetauscht und sie der jungen Konzertmeisterin im Hosenanzug überlassen, die virtuose Soli zum Besten gibt. Dann verwandelt sich der Bariton Daniel Fóki kurzzeitig in einen Pailletten-Oberbonzen (Kostüme: Katrin Katt).

Überdurchschnittlich gute Gesangsleistungen bieten die Damen Vera Lotte-Böcker als Victoria im hellblauen Glitzerkleid mit tiefem Rückenausschnitt und auch Marta Miqua als Riquette, die sich später ebenfalls als Ungarin outet. Besonders bravourös Alma Sadé als französisch-japanischer Mischling Lia San: mit Vater aus Paris und Máma aus Yokohama, bringt sie sowohl japanisches Kolorit als auch französischen Flair ein. Im bestickten violetten Seidenkleid ist sie auch „Mausi, süß warst du heute Nacht“, intoniert von Peter Renz, der Viktorias Bruder Graf Ferry Hegedüs souverän singt, spielt und tanzt. Eine überragende Leistung bot der hoch aufgewachsene, schlanke und in allen Lagen sichere, im besten Sinne also „fesche“ Tenor Daniel Prohaska als Husarenrittmeister Stefan Koltay.

Als der Rezitator die männliche Hauptperson mit Vornamen Stefan vorstellte, kam auch der Dirigent Stefan Soltesz mit ins Spiel: „Also Moment! Ich hab’ damit nichts zu tun!“ Der musikalische Leiter sorgte für extreme Tempi – nur selten auf Kosten des Zusammenspiels mit den zu seiner Seite, an der Rampe tanzenden und agierenden Gesangssolist*innen. Soltesz verhindert zumeist geschickt Zwischenapplaus, welcher sich im Laufe des Abends dann aber doch durchsetzt. Der von David Cavelius einstudierte, hinter dem Orchester positionierte Chor der Komischen Oper zeigt hohe Präsenz und fasziniert mit einem im Pianissimo vorgetragenen „Reich’ mir zum Abschied noch einmal die Hände“. Dazu schmelzende Geigen, die beim „Mausi“-Duett auch angehalten sind, zu kichern und laut zu lachen.

Obgleich der conferenzierende Botschafter verkündet hatte, „Die Lage ist ernst!“, enden die Handlung und (auch die zweite) Aufführung heiter und mit viel Applaus, nochmals angeheizt durch die Zugabe des „Mausi“-Ohrwurms, nunmehr von allen Soli gemeinsam gesungen, wozu das Publikum zum rhythmischen Mitklatschen aufgefordert wurde.

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