Feste muss man feiern. Diese alte Weisheit hat in den letzten Wochen dieses Sommers auch die renommierte Schweizer Orpheum Stiftung aufgenommen – und zum 25-jährigen Jubiläum sich selbst (und dem Züricher Publikum) vier Konzerte in der Tonhalle geschenkt.
Im Vordergrund stand dabei die professionelle Förderung des hochqualifizierten solistischen Nachwuchses. Für das Abschlusskonzert mit der von Kristjan Järvi geleiteten Baltic Sea Youth Philharmonic (am 12. September 2015) hat man sich aber auch ein Auftragswerk geleistet: Mountains. Waters. (Freedom) von dem litauischen Komponisten Gediminas Gelgotas.
Für das Baltic Sea Youth Philharmonic ist der 1986 in Vilnius geborene Gelgotas kein Unbekannter: seine Partitur Never Ignore the Cosmic Ocean stand schon auf verschiedenen Programmen und wurde auch für die erste CD des Orchesters aufgenommen. Dass die keineswegs avantgardistische, sondern eher im Rahmen einer für viele Komponisten des Baltikums typischen Tonsprache auch die jungen Musiker begeistert, sollte daher nicht verwundern. Wirklich neu an dem mit Mountains. Waters. (Freedom) überschriebenen und knapp 10 Minuten Spielzeit fordernden Klanggemälde ist nur weniges, seiner Funktion als erstes Werk des Abends wurde es allerdings vollauf gerecht. Doch sind tatsächlich die norwegischen Alpen und die baltische See gemeint, wie es in der Konzertmoderation anklang? Und wo wäre dann die Freiheit – zumal in den notierten Parenthesen? Nach eigenen Worten wollte Gelgotas zunächst einmal technisch „extrem ökonomisch mit dem verwendeten musikalischen Material verfahren“ – was auch mit den pulsierenden leeren Quinten der Streicher greifbar ist, Leidenschaft in der Ausführung und klangliche Saftigkeit eingeschlossen. Doch ein Gefühl für die „weiten Landschaften um uns“ oder „die Weite in uns“ wollte sich trotz entsprechender intentionaler Hinweise nicht recht einstellen, dazu blieb der musikalische Verlauf mit seiner im Kern dreiteiligen Anlage zu pauschal, die Klänge wie auch die Instrumentation ohne überzeugende Originalität (das ausgereizte 16’-Register des Orchesters einmal ausgenommen).
Was also blieb in Erinnerung? Es war vor allem die Leidenschaft des mit anhaltender jugendlicher Verve aufspielenden, von Kristjan Järvi bestens eingestellten Orchesters, die nicht nur diese unaufgeregte Uraufführung, sondern das Programm des ganzen Abends auf eine sympathisch unverbrauchte Art belebte, auch wenn wie beim Marimba-Konzert Arbor von Erkki-Sven Tüür (mit Heigo Rosin) oder dem 3. Violinkonzert von Saint-Saëns (mit Hyeyoon Park) nur begleitende Aufgaben übernommen wurden. Ein geradezu draufgängerisches Capriccio espagnol markierte am Ende noch lange nicht den Schlusspunkt – vielmehr rockten die jungen Musiker des Baltic Sea Youth Philharmonic mit gleich drei Zugaben das üblicherweise recht distinguierte Züricher Auditorium.