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Zwei Frauen um Don Giovanni: Szene aus Donny G. Foto: Frederik Busch
Zwei Frauen um Don Giovanni: Szene aus Donny G. Foto: Frederik Busch
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Komponieren im Computerzeitalter

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JMD und ZKM fördern zeitgemäße Schau auf Mozart
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Tief gebeugt versinken Schülerinnen und Schüler der 11. und 12. Klasse in die Betrachtung der Arie „A cenai teco“ aus Mozarts „Don Giovanni“. Ihr Arbeitsauftrag lautet, herauszufinden, auf welche Weise und mit welchen Mitteln Mozart diese dramatische Szene vertonte. So einfach die Frage auch wirkt, scheint sie es nicht zu sein. Vorsichtig lenkt Matthias Ockert den analytischen Blick der Schüler. Nach und nach benennen sie Intervalle, Melodien, harmonische Verläufe, bestimmte Akkordfolgen, Rhythmen, Formteile. „Diese und viele weitere Aspekte haben wir in dieser Arie genau analysiert“, erklärt Ockert, „und dann generiert, also in Zahlen- und Datenmaterial umgewandelt. Auf diese Weise haben wir Grundmaterial gebildet, die Ausgangsbasis für das Neue.“

Mit dieser Einleitung begann im Juni für Schülerinnen und Schüler der Oberstufe an zwei Aschaffenburgern Gymnasien ein multimediales Abenteuer der besonderen Art. Drei junge Komponisten, Matthais Ockert, Ali Gorji und Luís Antunes Pena, sowie der amerikanische Videokünstler und Regisseur Gabriel Shalom boten Einblick in ihre bisherigen Arbeiten und in „Donny G.“, ein Multimediakonzert, das Anfang August nach der Uraufführung in Aschaffenburg noch in Weikersheim und Karlsruhe aufgeführt wird.

„Donny G.“ ist das Ergebnis des internationalen Multimedia-Projektes „mozArt 250“, das Jeunesses Musicales Deutschland (JMD) in Kooperation mit dem Zentrum für Kunst und Medientechnologie (ZKM) Karlsruhe initiierte. Junge Künstler aus den Bereichen Elektronische Musik und Komposition, Multimedia- und Computerkunst sollten sich der Größe Mozarts auf ihre Weise und mit ihren Mitteln nähern. In einem einjährigen Entwicklungsprozess in der Musikakademie Schloss Weikersheim wurde „Donny G.“ konzeptionell erarbeitet und in einer gemeinsamen dreimonatigen Arbeitsphase am ZKM Karlsruhe dann realisiert. Projektleiter waren Dr. Ulrich Wüster (JMD) und Prof. Ludger Brümmer (ZKM).

Spürbar angespannt und begeistert folgten die Schüler den Erläuterungen der vier jungen Künstler. Um ihre abstrakten Denkvorgänge möglichst konkret zu vermitteln, griffen die Komponisten auf das Naheliegendste zurück: Zunächst zeigten sie eine Filmsequenz aus dem Kultwestern „Spiel mir das Lied vom Tod“, die Luís Pena einst als Material- und Inspirationsquelle für ein neues Werk gedient hatte, das unmittelbar nach der Filmsequenz eingespielt wurde. Während die Komposition zu hören war, streute Pena gezielt knappe Hinweise ein, um die Schüler darauf aufmerksam zu machen, wo verwendetes Material sich mit Neuem paart oder sich gänzlich Neues entwickelt hat.

Dann ging es zurück zu Mozart. Kurzweilig und garniert mit Szenenfotos schilderte Gabriel Shalom die Story. In seinem Film bietet Shalom eine neue Definition der Charaktere von Don Giovanni und der drei ihn umgebenden Frauen im sozialen, gesellschaftlichen und geschlechtsspezifischen Spannungsfeld unserer Gegenwart. Aus dem Edelmann Don Giovanni wird der Hotelpage Donny G., aus Zerlina eine Putzfrau, für Donna Anna und Donna Elvira betreten eine hochnäsige Reiche und eine Sängerin mit der Lust am Flirt die Bühne.

„Doch weder diese kurze Story noch die Musik werden im Ergebnis so konkret sein, wie es die Vorstellung hier vermittelt“, erklärte Matthias Ockert abschließend. „Für mich ist diese Story nur Grundmaterial, das im Ergebnis manipuliert wird“, fügte Shalom hinzu. „Ihr müsst euch das so vorstellen“, setzte Ockert noch einmal an, „dass Klänge und Bilder ineinander fließen, Vorstellungen in Gang setzen, sich auch reiben oder ganz eigene Wege gehen und dadurch im Ergebnis neue Geschichten und Empfindungen schaffen.“ Quasi als „Appetithappen“ boten die Künstler abschließend einen Einblick in „Donny G“. Danach blieb noch genügend Raum für Fragen der Schüler und für Gelegenheiten, an kurzen Tonfolgen die vielen Möglichkeiten der Komposition an Computern auszuforschen.

Zu den Künstlern

Matthias Ockert (Jahrgang 1970) ist Komponist und Jazz-Gitarrist. Zurzeit betreibt er noch Studien bei Wolfgang Rihm und ist Stipendiat der Heinrich-Strobel-Stiftung des SWR. Er schreibt für traditionelle Besetzungen, für Elektronik und für Jazz.
Luís Antunes Pena (Jahrgang 1973) studierte Komposition unter anderem bei Nicolaus A. Huber sowie Elektronische Musik und Medien bei Dirk Reith und Günter Steinke und war zwischen 2000 und 2004 Stipendiat des Portugiesischen Ministeriums für Wissenschaft und Forschung.
(Jahrgang 1978) begann seine Kompositionsstudien bei Alireza Maschayeki, die er nun bei Younghi Pagh-Paan und Joachim Heintz fortsetzt.
Gabriel Shalom (Jahrgang 1982) ist Videokünstler, Musiker, Cartoonist und Graphik-Designer. Zurzeit ist er Stipendiat an der Hochschule für Gestaltung Karlsruhe.

Zur Aufführung „Donny G.“

Ein Multimedia-Konzert für Sopran, Akkordeon, Elektronik und Video
Ali Gorji, Matthias Ockert, Luís Antunes Pena – Komposition, Live-Elektronik
Gabriel Shalom – Live-Video
Raphaela Stürmer – Sopran
Jan Jachmann – Akkordeon

Uraufführung im Rahmen des 81. Bachfestes der Neuen Bachgesellschaft am 1.8.06 um 19.30 Uhr in Aschaffenburg, Stadttheater.
Weitere Aufführungen: 2.8.06, 22.00 Uhr Weikersheim, Gewehrhaus im Schlosspark; 4.8.06, 20.00 Uhr Karlsruhe, ZKM Kubus.

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