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Ein Orchester in dunkel-violettem Licht. Davor am Mikrofon Sebastian Horn mit Brille, Glatze und vollem Bart in weißem Hemd mit Hosenträgern. Links und rechts flankiert von Musikern aus seiner Band.

Sebastian Horn schafft es mit seinem knarzenden Dreiviertelblut-Bass auch im Stehen zu bewegen. Foto: Melanie Lechmann

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Kunst-Tore für einen Kantersieg – EM-Sonderkonzert „You’ll never play alone“ in Münchens Isarphilharmonie

Vorspann / Teaser

Von wegen Liverpool- oder Dortmund-Hymne „...never walk alone“ – im ausverkauften Philharmonie-„Stadion der Träume“ gibt es vielmehr ein umjubeltes Kunst-Match – mit dreifacher Nachspielzeit! Vor dem Münchner EM-Eröffnungsspiel wird dem bunt gemischtem Publikum dafür eine besondere Mannschaftstaufstellung geboten: die Münchner Symphoniker, die ur-bayerischen Musikpoeten „Dreiviertelblut“, die Musikgymnasiasten „PestaLozzi Brass and Strings“ und Solo-Sopranistin Halldora Osk Helgadottir laden zum famosen musikalischen Anpfiff.

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Dem Begrüßungsbeifall begegnet das Orchester mit der universalen Filmmusik-Fanfare und setzt damit direkt den großen Rahmen für Dreiviertelblut: besser als Fan-Gegröle. Dann Nichts von „22 Mann laufen hinter einem Ball her“: Sieben Mann stark sitzen die folklorefreien Musikpoeten in lässigem Alltagsoutfit auf Stühlen vor dem Orchester, in der Mitte Bass-Hüne Sebastian Horn. Entsprechend erzählt Gründungsmitglied Gerd Baumann zum Anstoß launig von dem Druck der vom „Fußball-Bezug des Konzerts“ ausgeht: es könne nur Scheitern. Nach allerlei Witzelei zur bemühten Verbindung von Kultur und Fußball präsentiert er als Lösung die isländische Sopranistin Halldora Osk Helgadottir. Mit warmem Strahlen sang sie eine Hymne der Fußball-Nation Island, dann das weltumspannende „You’ll never walk alone“ – und der Konzert-Raum ließ die soziale Kernbotschaft des Liedes aufklingen. Die gleiche Begeisterung schlug auch der mehr als zehnköpfigen „Mannschaft“ von „PestaLozzi Brass und String“ entgegen, die voll integriert inmitten der Symphoniker saßen und professionell mitspielten: alle noch Schülerinnen und Schüler des renommierten Münchner Musikgymnasiums.

Dem anstehenden EM-Millionenzirkus ist eine ebenso reizvoll und bejubelte Fülle zu wünschen, wie sie von hier die Musik zwei Stunden andauern lässt: Nach immer wieder mal witzig-abgründig-besinnlichen kleinen Zwischenmoderationen Baumanns und des schwarz-stimmigen Bass-Schwergewichts Sebastian Horn entfaltet Dirigent Olivier Tardy zusammen mit den den Texten oft noch hinterherlächelnden Musikern immer wieder den großen Breitwandsound. Wer dem Orchester dafür die Stücke, Songs und Lieder eingerichtet hat, macht Baumann deutlich: Dazu lässt er seine anwesenden und derzeit oft als Filmkomponisten tätigen Ex-Studenten aufstehen; Dominik Giesriegl, Alexander Vičar, Niklas Melcher, Johannes Brandt „u.a.“ schreiben seit Jahren diese Arrangements.

Ihnen ist zu verdanken, dass im Vorspiel von Alexander Parzhuber zu „Heit kummt no a Weda“ eine bedrückende Mischung aus Dystopie und Apokalypse hochwallt. Die Orchester-Fassung des „Deifidanz“ fesselt zusätzlich durch Tardys anfeuerndes Dirigat. Dann erzählt Sebastian Horn uneitel ehrlich vom Erweckungserlebnis der „Dunkelgrauen Lieder“ des Vorbild Ludwig Hirsch und machte dessen „I liag am Ruckn“ zu einem Höhepunkt. Auch Emotional liefert der Abend eine große Bandbreite: Das gezielt als „Friedensgebet“ angekündigte, mit einem anrührenden Vorspiel von Baumann-Alumnus Joseph Piras für Flöten und Piano-Sound von Dreiviertelblut und Dominic Glöbls melancholischen Blues-Trompete angereicherte und vom knarzenden Bass Horns unter die Haut gehend gestaltete „Lied vom unbekannten Soldaten“ lässt alle innehalten – im Kontrast dazu dann große Emotion ums „Paradies“ und schräge Gaudi bei „Weck mi ned auf“.

Lachen und Erschrecken, Himmel und Hölle, Leben und Tod mischten sich in der für Dreiviertelblut charakteristischen passiven Panik. Gegen Spielende fanden Podium und Saal in der abschließenden Zugabe „We Are The Champions“ begeistert zusammen… ein Kantersieg mit lauter Kunsttoren… eine Vorlage, die von den Jungs auf dem grünen Rasen erst mal getoppt werden muss…

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