Seit der Uraufführung von „GOT LOST“ für hohen Sopran und Klavier im April 2008 gelangt nun endlich wieder ein Stück von Helmut Lachenmann zur Premiere. Der Komponist hatte die bereits angesetzte Uraufführung eines neuen Werks für großes Orchester mit acht Hörnern bereits zum zweiten Mal abgesagt und dann auf unbestimmte Zeit verschoben. Jetzt gibt es zwar keine sensationelle Novität, aber doch etwas zumindest in Teilen Neues: die Neufassung von „Air“ für großes Orchester und Schlagzeug-Solo von 1968/69, das Lachenmann für eine reduzierte Besetzung bearbeitete. Uraufgeführt wird diese „Air“-Version vom Ensemble Modern Orchestra und der Solistin Rumi Ogawa unter Leitung von Brad Lubman im Rahmen der Biennale cresc … im Kurhaus Wiesbaden, und zwar am 27. November, auf den Tag genau dem 80. Geburtstag des Komponisten.
Doch überall dort, wo im November aus Anlass von Lachenmanns rundem Geburtstag dessen Werke aufgeführt werden, wimmelt es auch von Uraufführungen. Beim Festival für Moderne Musik cresc … in der Rhein-Main-Region sind am 29.11. im Frankfurter LAB gleich zwei neue Werke erstmals zu erleben: die von Regisseur Thierry Bruehl inszenierte Komposition „sugar water“ von Michael Beil für Ensemble mit Live-Video und Live-Audio, und ein noch nicht betiteltes neues Stück von Simon Steen-Andersen, bei dem das Publikum wie in der bisherigen Serie „Run Time Error“ des dänischen Komponisten per Handkamera auf eine schnelle Klangjagd durch Industriebrachen genommen wird.
Neben anderen größeren und vielen kleineren Veranstaltungen in Deutschland und Europa liegt der Schwerpunkt der Lachenmann-Feierlichkeiten natürlich in dessen Heimatstadt Stuttgart. Für die dort vom 7. November bis 7. Dezember präsentierten „Lachenmann Perspektiven“ haben sich mehrere mit Lachenmanns Schaffen seit langem verbundene Veranstalter zusammengeschlossen: Musik der Jahrhunderte, Oper Stuttgart, Radio-Sinfonieorchester Stuttgart, Redaktion neue Musik des SWR Stuttgart und die Staatliche Hochschule für Musik und Darstellende Kunst. Auf den Programmen der insgesamt 22 Veranstaltungen stehen neben Streichquartetten, Solo- und Kammermusikwerken des Jubilars auch dessen Orchesterwerke „Fassade“, „Tanzsuite mit Deutschlandlied“ und „Schreiben“ sowie viele Werke von Zeitgenossen, Weggefährten und Schülern, darunter mehrere Uraufführungen. Im Rahmen der SWR-Konzertreihe „attacca – geis-tesgegenwart.musik“ kommen am 13. November im Stuttgarter Theaterhaus neue Werke von Mark Andre und Oliver Schneller zur Uraufführung. Tags darauf gibt es Novitäten von Malte Giesen, Pierluigi Billone, Lisa Streich und Malin Bång. Und gegen Ende des Jubelmonats werden am 6. Dezember im Stuttgarter Theaterhaus neben Lachenmanns erstem und drittem Streichquartett noch neue Werke von Alvaro Carlevaro und Mark Andre für sieben beziehungsweise sechs Stimmen uraufgeführt.
Beim Festival rainy days in Luxemburg erklingen vom 24. bis 29. November Lachenmanns Orchesterwerke „Klangschatten“ und „Ausklang“ sowie neue Werke von Philipp Mainz und Enno Poppe. Dass in diesem Herbst ein Festival für neue Musik aber auch ganz ohne Lachenmann auskommen kann, beweist Wien Modern mit umso mehr Uraufführungen anderer Komponisten, namentlich von Gerhard E. Winkler, Huihui Cheng, Hannes Löschel, Lina Tonia, Peter Jakober, Hui Ye, Veronika Mayer, Chieko Mori, Oliver Grimm, Maria Gstättner, Christian Diendorfer, Eva Reiter, Oliver Weber, Matthias Kranebitter, Pia Palme, Jorge Sánchez-Chiong, Electric Indigo, Annie Hui-Hsin Hsieh, Eun-ji Anna Lee, Oxana Omelchuk, Slobodan Kajkut, Jaime Wolfson, Ketan Bhatti und Alexander Schubert.
Weitere Uraufführungen
07.11.: Manuela Kerer, Whatever Works – Satirische Oper, Rabenhoftheater Wien Modern
11.11.: Gordon Kampe, Moritaten und Sentimentales für Ensemble Ascolta, Kleines Haus Delmenhorst
12.11.: Leopold Hurt, Dissociated Press, Klangwerkstatt Berlin
14.11.: Oliver Schneller, neues Werk für Schola Heidelberg, Stuttgart, und Karl Gottfried Brunotte, en las lineas al amara für zwei Violinen, Saalbau Gallus, Frankfurt am Main
20.11.: Iris ter Schiphorst, neues Werk für Philharmonisches Orchester Cottbus
28.11.: Beat Furrer, neues Werk für Sopran und Posaune, Festival Dialoge Salzburg, und Philipp Maintz, paysages nouveaux für Streichtrio, Festival Rainy Days Luxemburg