Die bewährte Form der Kinderoper in Bayreuth als eine Pocketversion der Musikdramen Richard Wagners hat längst die bayreuthwürdigen Bühnenwerke einmal durchlaufen. In diesem Jahr steht als Reihung von Highlights mit dazwischen gesprochenen Szenen der Protagonist*innen „Tristan und Isolde“ auf dem Programm – nicht auf dem Festspielhügel, sondern in der Stadtmitte von Bayreuth.
Zum ersten Mal fand in diesem Jahr die Oper Wagner für Kinder in der Avantgarde- Spielstätte der Bayreuther Festspiele, der Kulturbühne Reichshof statt. Allerdings offenbarte sich bereits beim Einlass, dass diesmal – auch im Gegensatz zur letzten Inszenierung von „Tristan und Isolde“ für Kinder, 2013 auf der Probebühne IV des Festspielhauses – ein eher altbacken wirkender Ansatz gewählt wurde.
Dieser Eindruck bestätigte sich im Lichte des Spieles, noch verstärkt durch die samtenen Kostüme in klassischer Märchenbuch-Darstellung, diesmal hervorgegangen aus einem Kostümwettbewerb in Duisburg. Offenbar war die der Kunst abträgliche Pandemie auch restriktiv, was innovative Ideenfindung angeht.
Die Ästhetik der Ausstattung schlägt weder einen Bogen zu den reduzierten Chiffren von Neu-Bayreuth noch zum Trash á la Schlingensief, sondern zu einer Spielform, die an Puppen aus Omas Kiste gemahnt. Das Bühnenbild von Johanna Meyer wuchtet vor einer die Szenerie abschließenden Operafolie drei fahrbare Elemente mit Stufen und Erhebungen. Diese signalisieren im ersten Akt mit Bullaugen das Schiff, später einen Turm für Brangänes Wachruf und im dritten Akt die Burg Kareol einer aus der steinernen Mitte herausziehbaren Lager für den sterbenden Tristan.
Wieder hat Marco Zdralek die musikalische Reduktion der Kinderoper vorgenommen, diesmal mit einer Reihe von Tremolo-Einschüben für gesprochene Zwischentexte. Bereits im kurz anklingenden Vorspiel werden die Generalpausen gedehnt, damit König Marke (Jens Erik Asbo) den jungen Zuschauer*innen über seine bevorstehende Hochzeit mit der ihm noch völlig unbekannten Isolde erzählen kann.
Mithilfe zusammenfassender, in Verse gedrechselter Dialoge schafft es die Fassung von Katharina Wagner, Markus Latsch und Dennis Krauß, die Handlung auf knapp 70 Minuten zusammenzudrängen. Dabei bleibt selbstverständlich jede Tag-Nacht-Philosophie auf der Strecke und die von Richard Wagner hintergründig angelegte Liebenshandlung wird reduziert auf die tragischen Folgen eines unbeabsichtigt genossenen Liebestrankes (in zwei Bechern).
Am Ende heiraten in der Inszenierung von Dennis Krauß Isolde und Tristan dann doch noch – als Schattenriss mit Brautkleid und Zylinder, und sie streuen dazu Blütenblätter.
In der vorliegenden Fassung reduziert auf zweifaches Holz und Blech (aber mit nur einer Spielerin für Flöte und Piccolo), mit Pauke, Harfe und 15 Streichern macht sich auch in diesem Jahre wieder das Brandenburgische Staatsorchester Frankfurt, diesmal unter der musikalischen Leitung von Azis Sadikovic, zum Anwalt für die jungen Besucher*innen. Das Orchester sitzt auf der Empore das ehemaligen Bayreuther Lichtspielhauses, also im Rücken der Zuschauer*innen. Die verbleibenden gesanglichen Highlights werden von Kelly God als Isolde, Kay Stiefermann als Kurwenal und Martin Homrich als heldentenoralem Melot gekonnt beigesteuert und gekrönt durch einen echten Weltklasse-Tristan, den auch in der Bayreuther Inszenierung Katharina Wagners im Festspielhaus reüssierenden Stephen Gould.
In der Premiere, wenige Stunden vor der Eröffnung der Festspiele auf dem grünen Hügel waren die raren Sitzplätze des Parketts mit weniger Kindern als Erwachsenen besetzt.
- Weitere Aufführungen: 27., 28., 30. Juli (11:00 und 16:00), 31. Juli, 1., 3., und 4. August 2021.