Zwölf Jahre lang schwieg der Komponist Udo Zimmermann – der Musikbetrieb, dem er als Intendant diente, gestattete keine schöpferischen Freiräume.
Jetzt aber meldete sich der Komponist Zimmermann zurück: In einem Münchner musica-viva-Konzert wurde sein Konzert für Violoncello und Orchester vom Sinfonieorchester des Bayerischen Rundfunks unter Kristjan Järvi und dem Solisten Jan Vogler uraufgeführt. Das Werk wirkt wie ein vorsichtig tastender Versuch, sich nach langer Unterbrechung wieder einer eigenen Tonsprache zu vergewissern. Zimmermann schrieb kein Virtuosenstück, alles ist hier ins Innere gewendet, das Soloinstrument „singt“ Lieder, die von Trauer, Liebe, Verlassenheit erzählen. Zimmermann unterlegt die fünf Abschnitte des knapp zwanzig Minuten währenden Werks mit fünf Gedichten: mit Ingeborg Bachmanns „Lieder von der Insel“ (die der Komposition den Titel gaben), mit Else Lasker-Schülers „Versöhnung“, einem Zitat aus „Hyperions Schicksalslied“ von Hölderlin, einem Franz von Assisi-Satz und Heinrich Heines „Ich hab im Traum geweinet“, das in der Liedvertonung von Schumann zugleich als direktes Zitat von Solist und Orchester das Konzert eröffnet.
Die Texte werden natürlich nicht gesprochen, die Musik dringt mit Klängen, Linien, komplexen Strukturierungen von Schumanns Lied ab immer tiefer in die poetischen Aussagen ein. Es ist eine sehr persönliche Ausdrucksmusik, ein Art Confessio des Komponisten, die sich zugleich zum Kontinuum der abendländischen Musikgeschichte bekennt. Jan Vogler, der zuvor mit Elliott Carters Cello-Konzert brillierte, lieh Zimmermanns Werk eine stille, leuchtende Intensität. Fabelhaft auch das Orchester unter Kristjan Järvi, Sohn von Neeme Järvi. Järvis souveränes, unaufgeregtes Dirigieren ist geradezu aufregend.