Leoš Janáčeks rätselhaftes Alterswerk „Das schlaue Füchslein“ (1923) fordert normalerweise vor allem die Ausstattungskünstler heraus, denn die Protagonistin ist eine Füchsin. Die Gestaltung von stummen und handelnden Waldtieren ist gefordert, da stehen Eule und Dachs auf der Bühne, da fliegen Mücken und Libellen, da quaken Frösche. Das gefangene Füchslein erlebt Abhängigkeit von den Menschen, flieht und demonstriert durch sein authentisches (Liebes)leben, dass die Menschen das Paradies verloren haben.
Symbolisch wird es zerstört, als der Wilderer Harasta das Füchslein erschießt. Die heile Welt des Füchsleins – die Liebesszene mit dem Fuchs und anschließender Hochzeit ist eine der schönsten der Operngeschichte – entfaltet immer wieder ihren Zauber gegen die Menschenwelt.
Natürlich aber ist das Geschehen im Wald kein naturalistisches Wunderwerk, sondern die Basis für Projektionen – so ist die Bindung des Försters an die gefangene und wieder entflohene Füchsin der Ersatz für seine verloren gegangene Liebe. Und da konnte die Inszenierung des jungen Johannes Erath, die jetzt an der Staatsoper eine umjubelte Premiere erlebte, mit einer unbeschreiblichen Fülle von psychologisch genauen Gedanken und szenisch sinnlichen Umsetzungen überzeugen. Erath, der mit jeder seiner Inszenierungen in bestem Sinne Aufsehen erregt, macht vor allem eins: bei ihm gibt es die Trennung von Menschen- und Tierwelt nicht. Der am Anfang einschlafende Förster träumt, was dem Regisseur alle Möglichkeiten der Verzahnung der beiden Welten gibt. Die beiden zentralen Bühnenbilder – der Wald und die Kneipe – sind eins. Und eins sind auch die Tiere und die Menschen (fantastische Wesen mit aus den 20er Jahren inspirierten Kostümen von Katharina Tasch).
Mit dieser Idee und ihrer detailgenauen Durchführung gelingt es Erath, den philosophischen Ansatz dieses autobiographischen Werkes –Janáček ist identisch mit dem Förster – zu entfalten: Die Menschen leben im Kreislauf der Natur. So wird das Schlussbild, in dem ganz vorne das tote Füchslein liegt, daneben der Förster stirbt, dahinter das lebende Füchslein sitzt und ganz hinten die Enkelkinder Karten spielen, zum eindrucksvollen Konzentrat dieser Kernaussage. Auch wenn man sagen muss, dass die mit der Kneipen- und Waldwelt verwobenen surrealistischen Traumbilder oft schwer zu durchschauen sind.
Großartig wird gesungen: Hellen Kwon ein selbstbewusster und würdevoller Fuchs, leidenschaftlich agierend Hayoung Lee als Füchsin. Beeindruckendes Profil in seiner Lebensreflexion zeigte auch der Förster Lauri Vasar, ebenso Peter Galliard als Schulmeister und Florian Spiess als Pfarrer.
Im Feuerwerk dieser Einfälle darf sich die Musik unter der Leitung von Lawrence Foster entfalten, diese wunderbare, der tschechischen Sprache und der Natur nachempfundene Musik: Musik, die oft minutenlang an einem Grundton hängt, keine Kadenzen kennt, Kirchentöne und deren chromatischen Verfärbungen verwendet und kleinste Motive aneinanderreiht. Das ist so ausgeklügelt instrumentiert, dass in Hamburg ungemein suggestive Stimmungen bis zu geradezu explodierenden Strahlungen entstehen.
Nächste Vorstellungen im März: 12., 16., 19., 23., 25., 27. und 29.