In die Musikgeschichte eingegangen ist dieser Komponist, Organist, Musiktheoretiker und „protestantische Erzkantor“ durch rund 750 vierstimmige Choralsätze, von denen sich bis heute einige in den Kirchengesangsbüchern des deutschsprachigen Raums gehalten haben, darunter am bekanntesten „Es ist ein Ros entsprungen“. Wertvolle Quellen für zeitgenössische und nachfolgende Musiktheoretiker und Praktiker bilden seine theoretischen Schriften „Syntagma musicum“, deren drei Bände das zu seiner Zeit gebräuchliche Instrumentarium technisch genau beschreiben, speziell die Registermöglichkeiten berühmter Orgeln, sowie die damalige musikalische Terminologie und Aufführungspraxis. Geboren wurde Michael Praetorius 1572 im thüringischen Creuzburg an der Werra unweit von Eisenach. Als Organist, Orgelfachmann, Kantor und Hofkapellmeister wirkte er in Frankfurt an der Oder, Braunschweig, Dresden und Wolfenbüttel, wo er 1621 starb.
Anlässlich seines 450. Geburts- und 400. Todesjahrs 2021/22 gelangt am 1. November eine Serie von 25 neuen Klavierstücken zur Uraufführung, die sich alle auf Praetorius’ „Pavane de Spaigne“ beziehen, die 1613 in dessen einziger Sammlung von Instrumentalmusik „Terpsichore“ erschien. Initiator und Organisator des Projekts ist der in Bochum lebende Komponist Stefan Heucke, der Kollegen und Kolleginnen anfragte, ob sie in Bezug auf diesen spanischen Schreittanz ein Klavierstück von maximal vier bis fünf Minuten Dauer schreiben könnten. Eingegangen sind Stücke von 23 Komponisten und zwei Komponistinnen, darunter Jörg Birkenkötter, Lutz Werner Hesse, Johannes Marks, Gilead Mishory, Enjott Schneider, Gerhard Stäbler, Marc Vogler und Stefan Heucke. Zu Vierer- oder Fünfergruppen arrangiert werden die Stücke nun alle der Reihe nach von sechs Pianisten uraufgeführt. In der Summe entsteht so eine lange Folge an Veränderungen. Variationen, Fantasien und Improvisationen. Schauplatz ist die Bochumer Melanchthonkirche, wo regelmäßig neue Musik erklingt. Außerdem hatte der Vater von Praetorius – Michael Schultheis, dessen Nachnamen die Kinder latinisierten – in Wittenberg Theologie bei keinen geringeren als Martin Luther und Philipp Melanchthon studiert.
Und der November bietet noch weitere relational zu bereits bestehender Musik komponierte neue Stücke. Beim Festival NOW! findet ebenfalls am 1. November im RWE Pavillon der Essener Philharmonie die Uraufführung von Lutz Werner Hesses „Metamorphosen eines Beethoven Fragments“ statt. Weitere Uraufführungen am selben Tag stammen von Christoph Grafschmidt, Mike Marshall und Hèctor Parra. Auf bestimmte Kompositionen des 20. Jahrhunderts beziehen sich sämtliche Stücke der Reihe „Riflessi“ von Richard Rijnvos. „Riflesso sull’incontro“ reflektiert Edgard Varèses „Octandre“ von 1923 in identischer Besetzung für acht Mitglieder des Ensemble Musikfabrik. Die Premiere erfolgt am 6. November beim niederländischen Festival November Music in der Grote Kerk s’Hertogenbosch. Am 21. November erklingen in der Lutherkirche Stuttgart-Bad Cannstatt erstmalig Martin Christoph Redels „Zwei geistliche Interludien“ op.100, und zwar zwischen dem Credo und Sanctus von Bachs h-Moll Messe. Vom selben Komponisten ist schließlich am 23. November im Haus der Stadt Düren die Uraufführung der „Wind Sketches“ op. 92 durch das Ma’alot Bläserquintett zu erleben.
Weitere Uraufführungen
08.11.: Peter Michael Hamel, Anverwandlungen für Posaune und Klavier, sowie Saecula Saeculorum für Bassklarinette, Cello und Klavier, Künstlerhaus München
12.11.: Jüri Reinvere, Arnulf Herrmann, neue Werke für SO des BR, musica viva, Herkulessaal München
14.11.: Ming Tsao, Sebastian Hilli, Sven-Ingo Koch, neue Werke für Ensemble Musikfabrik, WDR Köln; Vassos Nicolaou, neues Werk für MAM.manufaktur für aktuelle musik, Kölner Philharmonie; Geoffrey Gordon, Exposure für Geigerin Elisabeth Kufferath, Sprengel Museum Hannover
20.–22.11.: Eres Holz, Sarah Nemtsov, Heinrich Horwitz, Helena Pares, Sergej Maingardt, Rosi Ulrich, neue Werke, Forum neuer Musik, Deutschlandfunk Köln, nur im Radio
28.11.: Alberto Arroyo, Cartography of Voice Emotions, Tobias Schick, Inkonsequzenza für AuditivVokal, Hygienemuseum Dresden