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Zu einem Neue-Musik-Workshop in Augsburg
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Das Thema war Gemeinschaft: Mit Tableaux vivants, knackenden Plastikbechern oder Kreiselsausen wuchsen die zehn Minuten „Ich glaub´, hier kagelt´s“ der Volksschüler aus Täfertingen über einen bloßen Beitrag zum Workshopkonzert hinaus.

Beginnend mit gespielter Ablehnung endete diese Neue-Musik-Performance im gemeinsamen Farbe-Verschmieren: einträchtiger Ausklang eines kindgerecht künstlerischen Prozesses mit therapeutischem Ansatz. Auch die Augsburger Version „Mehr Musik!“ des bundesweiten Förderprojekts „Netzwerk Neue Musik“, der das Beispiel entstammt, hat gute Grundlagen zur Sanierung – nämlich der hauseigenen Szene zeitgenössischer Kunst: Statt einer Bündelung des Potentials wurden bisher meist eigene Süppchen gekocht und konzertant serviert. So schmeckt Neue Musik nicht jedem. Die starre Darreichungsform von der Bühne herab aufzubrechen, Connections unter den Künsten und ihren Ausübenden zu knüpfen, mit gewissem Spaßfaktor an der Sache neues, junges Publikum anzulocken und so vielleicht die Schwellenangst vor dem klassischen Musikgenre runterzuschrauben: Das Programm des „Netzwerk Neue Musik“ kam Augsburg und seiner Intendantin Juliane Votteler zupass. Noch vor ihrem Amtsantritt 2007 bewarb sie sich um eine Teilnahme der Stadt. Erfolgreich: Im Frühjahr 2008 startete mit dem Stadttheater als Dachträger und weiteren Kulturträgern als Kooperationspartner das Projekt „Mehr Musik!“, das in Ute Legner seine ideale Leiterin gefunden hat. Mit vier Themen, sechs Modulen und der Zielhauptgruppe Kinder und Jugendliche plante die Kulturmanagerin quasi zu Wasser, zu Land und in der Luft: So sollen Workshops in Schulen möglichst nachhaltiges Interesse an Neuer Musik wecken, Fortbildungen Musiklehrer oder Workshopleiter mit entsprechendem Know-how ausstatten. Jugendliche können in ihrer Freizeit in zwei „Klubs“ mit Klängen experimentieren –  ein Angebot, das auch angenommen wird.

Das frisch institutionalisierte Leopold-Mozart-Zentrum nimmt seine Studenten mittels Seminaren oder Kolloquien in die Pflicht. Dazu finanziert „Mehr Musik!“ bis Projektende 2011 einen Lehrauftrag für Ensemblespiel Neue Musik. Ein weit gestreutes Magazin, Konzerte und jährliche Großprojekte runden das Augsburger Konzept ab.

Zu letzteren zählt die Auftragsoper „Die Abenteuer von Tom Dumm“, die im April 2010 als Nachklang des ersten Themas „Musik und Theater“ uraufgeführt wird. Das endete im Juli mit dem neuntägigen Festival „plattform eins“: Neben der „Elektrokonferenz“, einem Session-Happening aus selbst gebauten Klangapparaten oder dem liebenswert verrückt-bunten Musiktheater „Irgendwie Anders“ von Juliane Klein spielten Workshops und ihre Resultate die Hauptrolle. Zum Auftakt erarbeiteten Schüler mit dem Klangexperiment-Ensemble Atonor und Komponist Erwin Stache das Musik- und Pantomimeprogramm „Musik fällt aus!“ und präsentierten es am selben Abend. „Mehrgangschaltung II“ hieß das Workshopkonzert, das neben den erwähnten Täfertinger Schülern fünf weitere Klassen von der Hauptschule bis zum Gymnasium gestalteten. Nach Überwindung erster Vorbehalte, so Workshopleiter Walter Bittner und Siegfried Ratz, kamen Fantasie, Freude am Probieren und Präsentieren, auch soziale Prozesse in Gang. „Mehr Musik!“ orientiert sich an den Zielgruppen, findet Barbara Barthelmes vom „Netzwerk Neue Musik“: „Das macht das Projekt so interessant.“

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