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Mirjam Rast, Bremer BürgerinnenChor des Theater Bremen. Foto: Jörg Landsberg

Mirjam Rast, Bremer BürgerinnenChor des Theater Bremen. Foto: Jörg Landsberg

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Mit Foul, Freigetränk und Regenschirm – „No Rain!“ vorm und im Theater Bremen

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„Es geht nicht um Leben und Tod, es geht um viel mehr!“ – Tom Ryser präsentiert mit „No Rain!“ eine Massenveranstaltung am Theater Bremen.

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„Festival For Peace And Music“ hieß 1969 das berühmte Woodstock Festival und trug den Namen „No Rain!“ Die legendäre, total verregnete Massenveranstaltung hinterließ nicht nur Peace. Nun veranlasste sie einen der ungewöhnlichsten Theatermacher unserer Zeit, Tom Ryser, am Theater Bremen zu einem höchst unterhaltsamen Abend, der sich so gar nicht einordnen lässt. 

Von Anfang war alles anders, wirklich anders. Zu Beginn erhielt jede/r einen Regenschirm, der auf dem freien Eröffnungsplatz vor dem Theater auch nötig war. Vorn eine Band (Andy Einhorn) und ein paar Bläser:innen der Bremer Philharmoniker und eine unterschiedlich besetzte „Animationstruppe“: Ulrike Mayer (Opernsängerin), Sema Mutlu (Sängerin und Komponistin), Mirjam Rast (Schauspielerin und Artistin) und Martin Baum, Schauspieler. Die vier entfalteten ein einfallsreiches und energiegeladenes Animationsfeuerwerk, in dem sie verschiedene Chöre (u. a. den Bremer BürgerinnenChor) als Fußballmannschaften auflaufen ließen, ein fiktives Fußballspiel der Champions League im Goethe-Stadion kommentierten und dazu das Publikum mit Megaphonen und Plakaten zum Kommentieren brachten – und das sehr schnell und hinreißend komisch: Schimpfen!, Foul!, Gemurmel! Sozusagen eine Vorveranstaltung der Europameisterschaft, gefördert von der Stiftung Fußball&Kultur.

„Es geht nicht um Leben und Tod, es geht um viel mehr!“: an diesem Satz von Liverpool-Legende Bill Shankley entzündete Ryser, der eine kreative Leidenschaft für den unberechenbaren Ablauf von Massenveranstaltungen hat, zusammen mit dem musikalischen Leiter Yu Sugimoto und den Protagonist:innen ein Feuerwerk an Musiken: Opern-Arien, Lieder und Kammermusik aus der klassischen Musik, Tina Turner, Pink Floyd, Shakira, Led Zeppelin, Queen...  alles aufzuzählen, würde alle Zeichen dieses Artikels füllen. Die Mezzosopranistin Ulrike Mayer gönnte sich einen Fachwechsel zur Königin der Nacht, präsentierte traumwandlerisch „Lascia ch'io pianga“ von Georg Friedrich Händel, und furios wurde der Can Can aus Offenbachs „Orpheus in der Unterwelt“ abgefackelt.

Da war das Publikum schon lange wieder drin, bekam einen Button für ein Freigetränk, sang, genauer, gesagt grölte „Die Gedanken sind frei“ und fand sich dann wieder im Zuschauerraum, in dem sich auch ein Chor befindet: dazu im ersten Rang die Bremer Philharmoniker, im zweiten Rang der Chor, auf der der Bühne die Akteure vor den technisch gut gemachten Regen: von Tropfen bis zu Bindfäden. Im Foyer in der Pause: wieder allerlei Musiken mit einem hinreißenden Trommelhit zu dritt (Nils Kochkämper, André Kollikowski und Pao Hsuan Tseng). Die schwer beschreibbare Qualität des Abends resultierte aus der Unverkrampftheit der meist unvermittelt nebeneinander stehenden Einfälle, der intelligenten selbstironischen Distanziertheit zum eigenen Tun und der eben auch vorhandenen Tiefe des Nachdenkens über „Massenveranstaltung(en)“. Das Publikum dankte mit begeistertem Beifall für die letztendliche Vereinigung von „Fans“: Der vom Fußball, der Popmusik und Demos. Dazu erklang der Gefangenenchor aus Verdis „Nabucco“. 

  • Die nächsten Aufführungen: 13.,14.,16., 23., 26., 29. und 30.6. 

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