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Teufels Küche – Philipp Schiemenz, Mariella Bachmann, Justin Auer. Foto: 2017 © Maurice Korbel
Teufels Küche – Philipp Schiemenz, Mariella Bachmann, Justin Auer. Foto: 2017 © Maurice Korbel
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Mit gespitzten Ohren: „Teufels Küche“ von Moritz Eggert am Theater Freiburg

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Der Teufel wartet in Gestalt von Klaus Simon schon an der Eingangstür. Erst nachdem man von dem großen Mann im roten Frack abgebürstet und mit einer Gewürzmühle bestreut wurde, darf man das Kleine Haus des Freiburger Theaters betreten. Sprechen kann dieser ungewöhnlich höfliche Teufel nicht. Wie überhaupt die ganze einstündige „KonzertAktion“ von Moritz Eggert und Heiko Hentschel namens „Teufels Küche“ ohne ein einziges Wort auskommt.

Es wird gestöhnt, geschabt, geklopft, gesummt, gelacht und gesungen. Klaus Simon (musikalische Leitung) und seine drei Mitstreiter Mariella Bachmann (Klarinette), Philipp Schiemenz (Violoncello) und Justin Auer (Schlagzeug) von der Freiburger Holst-Sinfonietta bestreiten dieses Musiktheater ab fünf Jahren nur mit Geräuschen, Gesten und Instrumenten. Der Teufel kocht in seiner großen, mit Lava geheizten Küche (Inszenierung, Bühne und Kostüme: Tobias Weis) eine Gemüsesuppe – die drei Musiker helfen beim Schnippeln. Am Ende wird ein Kronleuchter von der Decke herabgelassen und die Suppe beim festlichen Abendessen gemeinsam gelöffelt. Mehr Handlung gibt es bei diesem ungewöhnlichen Stück nicht.

Aber es geht auch in erster Linie nicht darum, eine Geschichte zu erzählen, sondern die Akteure entdecken gemeinsam mit den Kindern Klänge. Jedes einzelne, durch Lautsprecher verstärkte Geräusch ist für die kreativen, aufgedrehten Küchenhelfer spannend. Wenn die Säge an der Kokosnuss schabt, das Messer den Rotkohl schneidet oder der Schneebesen auf das Küchenbrett klopft, dann entstehen sofort Rhythmen, die fortgesponnen und zusammengesetzt werden. Die Übergänge zu den echten Instrumenten wie Bongos, Bassklarinette oder Cello sind fließend. Nach und nach entstehen komplexere Musikstücke, bis der Teufel genervt grunzt und seine quirligen Mitstreiter wieder zur Ordnung ruft, ehe das nächste musikalische Experiment gestartet wird.

Dabei gibt es durchaus Variationen in der Musikentstehung. Kinder werden aus dem Publikum auf die Bühne geholt, um selbst Karotten zu schaben oder auch mal mit der Pfeffermühle die Musiker zu steuern. Wird sie langsam gedreht, ändert sich auch das Tempo. Großartig, wie Mariella Bachmann an der Klarinette die wilden Kurbeldrehungen eines Jungen musikalisch umsetzt. Justin Auer glänzt nicht nur am Marimba. Auch Elektronik spielt eine Rolle, wenn Philipp Schiemenz mit seinem Cello eine gezupfte Melodie mit einer Loopstation aufnimmt und über diesem wiederkehrenden Basslauf improvisiert. Auch in den Töpfen verstecken sich Klänge. Deckel hoch – und schon ertönt der Beginn von Beethovens 5. Symphonie, Vogelgezwitscher erfüllt den Raum oder ein tanzbarer Rhythmus dröhnt durch die Lautsprecher, zu dem die drei Küchenhelfer kollektiv ausflippen.

Dabei wird die Rahmenhandlung in der Inszenierung von Tobias Weis vernachlässigt. Spannung entsteht nur in den einzelnen Musiknummern, die ganz lose miteinander verbunden sind. Deshalb gibt es in den Übergängen durchaus Leerlauf. Auch die Rolle des Teufels ist zu unscharf definiert und wechselt zwischen Gastgeber, Suppenkoch, Dirigent und genervtem Aufpasser. Hier hätte man noch genauer am Setting arbeiten können, um auch innerhalb der Geschichte eine Steigerung zu entwickeln.

Aber der lange Beifall zeigt, dass diese Koproduktion des Theaters Freiburg mit der Holst-Sinfonietta gerade für die ganz kleinen Zuschauer gut funktioniert. Das liegt vor allem an den auch darstellerisch sehr präsenten Akteuren, die „Teufels Küche“ von Beginn an mit Leben füllen. Und eindrucksvoll beweisen, dass man Kindern auch ohne Worte spannende Geschichten erzählen kann, wenn man seine Ohren spitzt und den Klängen des Alltags lauscht.

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