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Foto: Max Lautenschläger
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Mixmax: Simone Young dirigierte die „Wagner-Gala“ an der Staatsoper

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Bereits der erste Blick auf die Bühne des Schiller-Theaters mit dem klassizistischen Konzertzimmer des Opernhauses Unter den Linden zeigte für den als „Wagner-Gala“ angekündigten Abend einer bunten Mischung spätromantischer Opernausschnitte unter Leitung der australischen Dirigentin Simone Young bereits optisch ein Ungleichgewicht.

Nicht ins Programmheft eingelegt, sondern nur auf zwei Anschlagtafeln im Foyer des Schiller-Theaters zu lesen, war die Besetzungs- und damit einhergehende Programmänderung durch Erkrankung des vorgesehenen Wagner-Tenors. Anstelle von Burkhard Fritz sang Nikolai Schukoff die Wälsungen-Liebesszene aus dem ersten „Walküre“-Aufzug in den lyrischen Passagen trotz angerauter Stimme zufriedenstellend, mit einer inzwischen deutlich in der Mittellage dominierenden Camilla Nylund.

Allerdings wurde aus Schukoffs hilflos improvisiertem Agieren deutlich, dass er mit Wagners Allegorie von Frühling und Liebe nicht viel anfangen kann und offenbar auch sonst kaum weiß, worum es geht; schließlich zog er das ersehnte Schwert Nothung gestisch nicht aus dem Stamm sondern aus einer imaginären Scheide am Gürtel seines Fracks. Noch eklatanter klafften Anspruch und Realisierung bei der für Schukoff anstelle des angekündigten „Meistersinger“-Preisliedes ins Programm genommenen großen Szene aus dem zweiten Aufzug „Parsifal“ auseinander: obgleich Waltraud Meier, eine der berühmtesten Kundrys, im Programm als Solistin vertreten war, blieb Kundrys Einwurf („Gelobter Held…“) in dieser Szene ungesungen, wofür das Solo des Englischhorns um so deutlicher hervortrat.

Nahtlos knüpfte die Dirigentin an Parsifals Ablehnung „ewig von mir!“ sogleich das Nachspiel des zweiten Aufzugs an. So durfte der Hörer an diesem Abend ein weiteres Akt-Finale erleben. Denn auch beim „Wach auf“-Chor der „Meistersinger von Nürnberg“ wollte die Dirigentin nicht auf die Finalwirkung verzichten und verknüpfte den Chorsatz nahtlos mit der Schlussszene dieser Oper. Darüber hinaus standen die Schlussszenen des ersten und dritten „Walküre“-Aufzuges auf dem Programm – mithin insgesamt vier Finale.

Hingegen wurde eine im Original nahtlose Szenenfolge aus dem zweiten Aufzug des „Lohengrin“ in den ersten und zweiten Teil des Konzerts aufgeteilt. Das relativ wahllos zwischen frühen und späten Kompositionen Wagners hin- und herspringende Programm schien auf seltsame Weise einzulösen, dass Berlin sich zunächst mit Wagners Werken schwertat – wie es in Detlev Gieses sachkundigem Aufsatz „Wagner Unter den Linden“ nachzulesen ist. Auch die Ausschnitte der „Meistersinger“ waren auf die beiden Teile des Abends verteilt, und dem Vorspiel zum dritten Aufzug folgte nicht etwa Sachs’ durch dieses Vorspiel orchestral initiierter Wahn-Monolog, sondern dessen Flieder-Monolog aus dem zweiten Aufzug. Nun, vielleicht war der „Wach auf“-Chor im 1. Teil primär dem Luther-Jahr geschuldet, denn mit den Versen der „Wittenbergisch Nachtigall“ begrüßt bekanntlich der Nürnberger Schumacher und Poet die Reformation.

Den Hans Sachs, wie auch den Wotan, gestaltete nicht der als Gast in diesem Konzert mitwirkende Bayreuther Interpret dieser Partien, der Heldenbariton Wolfgang Koch, sondern der hauseigene Bassist René Pape – und dies zwar mit Hilfe der Noten auf einem (dann von Koch im Spiel beiseite gestellten) Pult. Zumindest einmal rhythmisch sehr eigenwillig, aber mit stimmlich samtenem Schmelz, erbrachte Pape den einsamen Beweis dieser Gala, wie vollmundig Wagner belcantistisch vorgetragen klingt.

Positives zu berichten ist auch über Waltraud Meier als Ortrud, die kraft Persönlichkeit, gemeinsam mit Wolfgang Koch als Telramund, die Vorbühne zur Landschaft eines spannenden psychologischen Musikdramas zu machen versteht, intensiv in Gestaltung und Ausdruck – und mit Sinnlichkeit, wenn sie etwa mit ihrem rechten Daumen die Lippen des Partners liebkost. Allerdings war nicht zu überhören, dass die Meier ihren Zenit bereits überschritten hat. Wolfgang Koch im grauen Anzug und dann in grauem Gehrock beim Holländer-Monolog. (Der erklang ohne die Replik „Ew’ge Vernichtung nimm uns auf!“ des auf der Bühne befindlichen Herrenchors.)

Nicht unerwähnt bleiben soll die Sopranistin Anne Schwanewilms als leicht angestrengte Elisabeth mit der das Konzert eröffnenden Hallen-Arie und als eine ihre Gefühle den Lüften des Auditoriums anvertrauende Elsa.

Die in den Besetzungen divergierende und hinter der Szene auch die Bühnenmusik abdeckende Staatskapelle war am Abend vor ihrem Abo-Konzert nicht in Höchstform zu erleben, insbesondere trübten die Blechbläser den Gesamteindruck.

Simone Young zeigte sich als souveräne Sachwalterin, in den Exzerpten aus „Lohengrin“ und dem Ring, den sie komplett für CD eingespielt hat, mit deutlicher strukturierter Lesart zu Hause, als in den Partituren des früheren Wagner oder in dessen Bühnenweihfestspiel. Young, die in dieser Spielzeit an der Staatsoper den von Barenboim einstudierten „Tannhäuser“ nachdirigieren wird, erteilte der von Thielemann erfundenen Generalpause vor dem letzten Heil-Ruf beim Einzug der Gäste auf Wartburg durch einen kleinen Einschnitt vor dem „Heil!“ unerwartete Reverenz.

Hingewiesen sei noch auf eine eigenwillige Konzertfassung durch die Dirigentin: an das Ende des Flieder-Monologs knüpft Young noch zehn Takte der vierten Szene des zweiten Aufzugs, den Beginn der Evchen-Musik, an.

Das mit zwei Stunden in der Dauer, auch ohne Programm-Änderung, viel zu knapp angekündigte Programm erreichte mit dem Ende nach 23 Uhr durchaus Wagnersche Ausmaße. Ein seltsamerweise mehr auf Gala eingestimmtes denn gewandetes Publikum bedachte das wohl bereits für die Staatsoper Unter den Linden konzipierte Wagner-Konzert im ausverkauften Schiller-Theater mit lang anhaltendem Beifall und einigen, pointierten Bravorufen. Aber Wagner-Jubel klingt anders.

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