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Nimbus im Abseits – Jazzahead 2015 in Bremen mit über 100 Konzerten

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Als die Jazzahead in Bremen vor zehn Jahren zum ersten Mal stattfand, wurde sie von Skepsis begleitet, ob sich diese damals unerprobte Kombination von Messe und Konzerten etablieren könnte. Entgegen mancher Erwartungen ist die Jazzahead aber seitdem zu einer Talentbörse und einem Forum des zeitgenössischen Jazz (nicht nur) in Europa geworden.

Fachkonferenzen, Präsentationen (Musik, Literatur u.a.) je eines Gastlandes (im Jahr 2015: Frankreich / French Night) und Module wie German Jazz Expo ergänzen das differenzierte Programm. Und nun bestimmen zum Jubiläum 2015 Rekordmeldungen die Schlagzeilen: Etwa 110 Konzerte in den Messehallen, im Schlachthof und in 27 Clubs der Hansestadt weisen auf eine kontinuierliche Expansion und internationale Akzeptanz. Doch die Ausbreitung der Veranstaltungen aufs Stadtgebiet hat auch den Charakter und die Atmosphäre der Jazzahead verändert. Zwar können in Bremen so viele Menschen wie sonst bei wenigen anderen Festivals Jazz in diversen Facetten erleben, aber die lokal zerstreute Menge der Konzerte erfordert Mobilität und erschwert auch die Übersicht. Andererseits werden mit diesem Konzept unterschiedliche Hörinteressen des Publikums bedient.

Ein Plus der Jazzahead waren Begegnungen in einem besonderen Ambiente. Solche exquisiten Orte muss man sich jetzt mit gewissen Kenntnissen heraussuchen. Etwa den denkmalgeschützten historischen Sendesaal Bremen, wo das Label ECM Novitäten von Mathias Eick, Andy Sheppard, Jacob Bro und Giovanni Guidi präsentierte. Ein anderes Kleinod ist der niederländische Segler „DeLiefde“ im Weserhafen, unter Deck umgebaut und ausgestattet als Clubraum mit Bühne. Dort hatte das Label Dottime Records im Rahmen der Jazzahead Clubnight ein feines Programm mit primär Vokaljazz organisiert. Eigene und adaptierte Songs etwa von Jon Hendricks prägten das Repertoire von Pianist und Sänger Theo Jackson (Großbritannien), der Pop- und Bebop Elemente geschickt in seinem Trio mischte. Paul Jost (USA) demonstrierte, dass Solo Charme per se haben kann, wenn er sich mit Bodyperkussion selbst begleitete. Aber seine raue Stimme kam besonders zur Geltung, wenn er in flexibler Kommunikation von Bassist Mark Zandveld, Pianist Marcin Losik und Drummer Marco Quarantetto unterstützt wurde. Mit einer Melange aus Folklore, Minimal-Elementen und Modern Jazz sowie klassischer Spieltechnik überraschten die „Zauberflötistin“ Hadar Noiberg (Israel) und ihr Trio. Aus markanten rhythmischen Kicks und Melodiezäsuren formte sie ihren eigenwilligen Stil. Melancholische Balladen und vor allem aufregende Scat-Arrangements sang Maria Mendes (Portugal) in frei pulsierenden Grooves und einfühlsamer Begleitung ihres Quartetts. Impressionistische Improvisationen bot schließlich Marcin Losik (Polen) am Klavier, wobei sein Vorbild Bill Evans unüberhörbar war.

Unter klarem lauschigem Sternenhimmel direkt an der Weser konnte man auf „DeLiefde“, ungestört vom Großstadttrubel, begeisternden Kammerjazz lauschen. Das Publikum wurde zum Komplizen der Musiker und die Konzerte vice versa zu einem Gemeinschaftsgefühl, etwas Besonderes zu erleben. Hier, im Abseits, hat die Jazzahead ihren speziellen Nimbus, Neues entdecken zu können, erhalten.

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