Im vergangenen Herbst feierte das ars nova ensemble nürnberg sein 40-jähriges Bestehen mit einer kleinen Konzertreihe. Im Programm waren dabei neben Werken von Henze und Boulez auch einige Uraufführungen von Minas Borboudakis, Martin Smolka, Karola Obermüller und auch von Ensembleleiter Werner Heider zu hören. Auch dem „geistigen Vater“ des Ensembles, dem 1998 verstorbenen Komponisten Klaus Hashagen, wurde mit der Aufführung seiner „Sechs Saxiaturen“ für Alt-Saxophon und Klavier gedacht.
Signifikante Impulse werden oft aus einer Notwendigkeit heraus geboren. So war es auch 1968 mit dem ars nova ensemble nürnberg. Das Studio Franken des Bayerischen Rundfunks brauchte damals für Konzerte und Eigenproduktionen immer wieder Ensembles, die in der Lage waren, zeitgenössische Kammermusik auf hohem Niveau zu interpretieren. In den 60er-Jahren war es nicht immer leicht, Musiker mit diesen Voraussetzungen zu bekommen.
Der Komponist Klaus Hashagen, der damalige Leiter der Musikabteilung im Studio Franken, regte deshalb die Gründung eines festen Ensembles an, um für entsprechende Projekte auf verlässliche Musiker zurückgreifen zu können. So entstand unter der Leitung des Erlanger Pianisten und Komponisten Werner Heider ein Spezialisten-Ensemble auf Abruf. In regelmäßigen Abständen, meist einmal im Jahr, kam diese Gruppe von Musikpädagogen und Orchestermusikern, zusammen, um ein Konzertprogramm oder Material für eine Rundfunkproduktion zu erarbeiten. Bis heute hat sich das ars nova ensemble diese ungewöhnliche Betriebssituation erhalten. Auch nach vier Jahrzehnten wird jährlich in den Räumen des Studio Franken ein Konzert vorbereitet, Uraufführungen zeitgenössischer Werke sind dabei das zentrale Element.
Darin besteht das Verdienst dieses deutschlandweit wohl ältesten Neue-Musik-Ensembles, ein nimmermüdes Perpetuum Mobile zu sein, das die Kammermusikwerke zeitgenössischer Komponisten der Öffentlichkeit zugänglich macht. Das Ensemble hat sein diesbezügliches Alleinstellungsmerkmal längst verloren, dennoch ist die Zahl von über 150 Uraufführungen, die es im Lauf der Jahrzehnte absolviert hat, eine sehr beeindruckende. Das Mitwirken im ars nova ensemble nürnberg ist nicht nur wegen der projektbasierten Arbeit außergewöhnlich. Wer sich laufend an Erstaufführungen zeitgenössischer Werke wagt, steht automatisch in intensivem Kontakt mit den Komponisten, ist ständig am Puls kompositorischer Entwicklungen. Diese Nähe schätzt man im Ensemble besonders, und eine hohe Fluktuation gab es nie unter den Ensemblemitgliedern. In seit der Gründung kaum veränderter Besetzung spielen sie mit zwei Bläsern, drei Streichern, einem Pianisten und einer Schlagzeugerin unter der Leitung von Werner Heider Neue Musik.
Auch einen erweiterten Mitarbeiterstamm für besonderen Bedarf gibt es, obwohl mittlerweile zwei Drittel der aufgeführten Werke dem Ensemble auf den Leib komponiert werden. Die Musiker verfügen schließlich über eine in langen Jahren gesammelte Erfahrung, die vor allem im Hinblick auf neue Spieltechniken von immenser Bedeutung ist. Davon profitieren die Komponisten heute, wie bei den jüngsten Konzerten auch Minas Borboudakis, dessen „Metasoundscapes“ das Ensemble in Fürth uraufführte. Borboudakis’ Idee war es dabei, elektronisch inspirierte Klänge auf die „echten“ Instrumente der Musiker zu transferieren, kein leichtes Unterfangen für die Musiker.
Das ars nova ensemble ist also nach wie vor gefragt bei den Komponisten der jüngeren Generation, und die Anfragen für Kompositionsaufträge werden weiter bei Werner Haider in Erlangen eingehen, und das ist auch gut so, denn ans Aufhören denkt der bald 79-jährige Ensembleleiter nicht. Die Antwort auf die Frage nach der Zukunft des Ensembles kommt prompt und mit leicht mittelfränkischem Akzent: „Wir machen halt so weiter wie bisher, nicht wahr!?“