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Hildegard Lernt Fliegen beim BMW Welt Jazz Award 2014. Foto: Ssirus W. Pakzad
Hildegard Lernt Fliegen beim BMW Welt Jazz Award 2014. Foto: Ssirus W. Pakzad
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Preiswürdige Kunstflugfiguren – Hildegard Lernt Fliegen gewinnt den 6. BMW Welt Jazz Award

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Groß war die Überraschung nicht, als BMW-Vorstandsmitglied Ian Robertson am späten Samstag Abend vor 550 Gästen einen Umschlag öffnete und den diesjährigen Gewinner des BMW Welt Jazz Awards bekannt gab. In Rekordzeit hatte sich die Wettbewerbs-Jury zuvor auf das Schweizer Sextett „Hildegard Lernt Fliegen“ geeinigt – und lag mit den Zuhörern auf einer Linie: Auch der Publikums-Preis, der Freizeit und Wellness auf Schloss Elmau verheißt, ging an die eidgenössische Truppe um den genialen Stimmkünstler Andreas Schaerer.

Bevor die Jungs von „Hildegard Lernt Fliegen“ ihren Pokal in die Höhe recken konnten, musste sie sich erst einmal ihre Konkurrenz anhören. Im Finale des BMW Welt Jazz Award legten sich nämlich zunächst „Tin Men and The Telephone“ aus Holland ins Zeug – ein Piano Trio, das unserer Smartphone-bestimmten Zeit, dem Technik-Wahn der Gegenwart gerecht wurde und die Errungenschaften der schönen neuen digitalen Welt mit großem Selbstverständnis zweckentfremdeten. Sie swingten zur Amokfahrt eines Navis, ließen das Publikum per Smartphone votieren, ob die Musik jetzt eher nach LSD-Trip oder Romanze klingen soll. Außerdem hatten die Handy-Nutzer im Saal in der Hand, welches Kamel ein Rennen im Wüstensand gewinnt. Das Problem dieses hoch originellen Dreiers: letztendlich ordnet sich die Musik immer wieder den Gags unter. Isoliert man das Klangliche vom Multimedialen, bleibt nicht viel mehr als ordentliches, solides Musizieren.

Insofern hatte „Hildegard Lernt Fliegen“ leichtes Spiel. Trotz aller Kapriolen, die Stimmwunder Andreas Schaerer schlägt, geht es immer in erster Linie um Musik, darum, Komplexes zugängig zu machen, Grenzen zwischen vielen Genres verschwinden zu lassen, Formen zu bauen und dann aufzubrechen. Aus unzähligen Elementen setzt sich der Sound des Berner Sextetts zusammen: Jazz, Funk, Zirkusmusik, Kunstlied, Chanson, Oper, Kunstlied, Zappa-Einflüsse fügen sich nahtlos aneinander, durchmischen sich – heraus kommt ein Bandsound mit hohem Wiedererkennungswert. Dass Andreas Schaerers Einlagen mitentscheidend für die Vergabe des Preisgelds und den Pokal waren – müssen wir nicht drüber reden. Was der Mann aus der Kehle lässt, sorgt immer wieder für offene Münder: allein dieses Beatbox-Solo mit den vielen kleinen Zwischensounds hätte ihm einen Bonus einbringen sollen. Seine Kunstflug-Figuren im Hildegard-Programm werden auch dann nicht weniger faszinierend, wenn man sie schon öfter goutiert hat – weil er sie immer wieder variiert. Ein großer Improvisator, der Blitzreaktionen zeigt und Donald Duck, Mariah Callas, elektrische Gitarren, Trompeten, Percussioninstrumente in der Kehle sitzen hat.

Kein Wunder, dass Bobby McFerrin ihn gerade bat, sich auf der Bühne mit ihm auszutauschen. Kurz nach dem Konzert mit dem amerikanischen Kollegen ist Andreas Schaerer dann wieder in München zu Gast. Im Rahmen der Biennale tritt er an zwei Tagen in der Unterfahrt auf: am 13.5. präsentiert er sich mit dem Trio „Rom/ Schaerer/ Eberle“ und im Duo mit dem Percussionisten Lucas Niggli. Und am 14. kommt dann mit „Hildegard Lernt Fliegen“ die Band auf die Bühne, die den „BMW Welt Jazz Award“ gewonnen hat.

Der wird im nächsten Januar selbstverständlich fortgesetzt. Das Motto des kommenden Wettbewerbs heißt: „Playing My Guitar“.

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