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Spielen, Lernen, Handeln: Neue Musik vermitteln

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Die 12. Weimarer Frühjahrstage für zeitgenössische Musik mit der Netzwerkkonferenz für Neue Musik „ARTMUSFAIR“
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Wenn sich jedes Jahr Ende April in Weimar das Festival Frühjahrstage für zeitgenössische Musik ereignet, wird der Pilgerort für Klassikfreunde regel­mäßig zum lebendigen Aktionsraum der Neue-Musik-Szene. Um die bis dato ungehörte zeitgenössische Musik zu Gehör zu bringen und dabei insbesondere Nachwuchskomponisten zu fördern, ließ der künstlerische Leiter und Komponist Johannes K. Hildebrandt auch dieses Jahr wieder Wettbewerbe ausschreiben.

Der 200. Geburtstag des „Weimarer“ Komponisten Franz Liszt bot dabei Anlass, den Wettbewerb für Orches­ter mit dem Soloinstrument Klavier zu ergänzen. Das Ergebnis waren ungemein virtuose Klavierpassagen, bravourös interpretiert von dem Schweizer Pianisten Werner Bärtschi, und ein größtenteils in poetische Klangbilder getauchtes Orchesterspiel (1. Preis: Luca Vago, 2. Andrea Nosari, 3. Sungji Hong). Unter den Finalisten im Bereich Kammermusik überzeugte Dong-Jin Baes gedanklich und tonsprachlich komplexes Werk „Mit meinem glühend heißen Atem…II“ die Jury (kein 2. Preis, 3. Preise: Ying Wang, Snezana Nesic, Yasutaki Inamori).

Das weitere Konzertprogramm der Frühjahrstage für zeitgenössische Musik bediente eine enorme Bandbreite, angefangen von Open-Air-Performances samt Klangwanderung durch die Stadt (inspirierend: der Stimm- und Kontrabassimprovisator Matthias Bauer), artistischen Akrobatikkünsten vorgeführt zu neuen Kompositionen (exzellent: die Artistikgruppe Com­pagnie Aquanaut), zahlreichen Uraufführungen von regional ansässigen und internationalen Komponisten bis hin zu auf ganz unterschiedlichem Niveau musizierenden Interpreten, nämlich Kindern, Amateuren, Profis. Immerhin, so Hildebrandt, sei dies das Prinzip der Frühjahrstage von Anbeginn an, in den Konzertabenden die verschiedensten Welten möglichst heftig aufeinanderprallen zu lassen.

Dass dieses Konzept kein Irritationsbedürfnis widerspiegelt, sondern einen pädagogischen Hintersinn hat, beweisen die Vermittlungs- und Bildungsprojekte des Festivals. So wurde auch dieses Jahr „RESPONSE! Neue Musik macht Schule“ veranstaltet. Ein Projekt, in dem Kinder und Jugendliche unter Anleitung von Komponisten und Lehrern nach neuen Klängen suchen und spielerisch ans Komponieren herangeführt werden. Eindrücklich zeigte das Konzert mit den Landesjugend­ensembles für Neue Musik aus Thüringen, Rheinland-Pfalz und Niedersachsen, dass auch hier kreativer Geist, Spielfreude und Mut zum Experimentieren gefördert werden. Die jungen Musiker spielten erstmals gemeinsam zusammen und hatten die Chance, vier Werke uraufzuführen (lebendig-klang­sinnlich: Kaleidoskop von Peter H. Lang; spielfreudig: Max Wutzlers Sinfonie Digital). Unternehmungen wie ­diese sind Lösungsansätze für das Problem der viel beklagten Isolation der Neuen Musik. Mit ihnen wird schließlich nicht nur das Publikum von morgen herangezogen, sondern auch eine neue Zielgruppe ins Auge gefasst: die Nicht-Experten. Denn, aus Sicht der Interpretation, scheitern bislang die Wege der Vermittlung von Neuer Musik wohl vorrangig an der komplexen und schwierigen Spielbarkeit ihrer Werke.

„New audiences for new music“ hieß dementsprechend das Motto der europäischen Netzwerkkonferenz ARTMUSFAIR, die dieses Jahr, erstmals überhaupt in Deutschland, in Weimar gastierte und mit Workshops, Diskussionspanels und Projektpräsentationen verschiedene Vermittlungsangebote zu Neuer Musik diskutierte. Ihr Gründer, das European Composers Forum, stellte in diesem Rahmen sein neuestes Vorhaben vor, die Composers Factory: eine Online-Datenbank mit einer Recherchemöglichkeit nach euro­päischen Projekten, die zur Nachahmung inspirieren oder zum Mitmachen auffordern sollen, allerdings erstmal beschränkt auf Schulen und andere Bildungseinrichtungen. In der Tat lösen sich Unternehmungen der Neue-Musik-Szene immer noch nur mühsam aus ihrer regionalen Verankerung, obwohl andere Musikvermittler davon profitieren könnten.

Vielleicht öffnet die Composers Factory, so sie denn auch ansprechend und nutzerfreundlich in die Tat umgesetzt wird, den Weg, die Kontaktscheue mit der Neuen Musik in den Schulen zu überwinden – vorausgesetzt natürlich die aktive Teilnahme der Projektakteure. Zumindest aber wäre sie eine der immer noch viel zu wenigen zentralen Initiativen, das Internet auch als soziales Medium für die Neue Musik nutzbar zu machen.

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