Die Spielzeit war lange und reich, mal aufregend, mal lau. Nun neigt sie sich dem Ende zu. Und in sanftem Übergang zu Sommerpause und quirligen Musikfestivals sind hier wie dort Novitäten zu erleben. Die Staatsoper Stuttgart präsentiert nach Mark Andres 2014 uraufgeführtem Musiktheaterwerk „wunderzaichen“ nun am 1. Juli wieder einmal eine Weltpremiere. Diese letzte Neuproduktion unter der Intendanz von Jossi Wieler ist Toshio Hosokawas „Erdbeben. Träume“ nach einem Libretto von Marcel Beyer, verfasst nach Heinrich von Kleists Novelle „Das Erdbeben von Chili“. Die Inszenierung übernimmt einmal mehr das alteingespielte Regieteam von Wieler und Sergio Morabito mit Bühnenbildnerin Anna Viebrock.
Bei den sommerlichen Münchner Opernfestspielen der Bayerischen Staatsoper ist am 13. Juli das neue Musiktheater in zwei Teilen und einem Epilog „Die Vorübergehenden“ von Nikolaus Brass zu erleben, allerdings nicht im großen Haus am Max-Joseph-Platz, sondern im Rahmen der „Festspiel-Werkstatt“ in der Reithalle Schwabing-West. Das Libretto schrieb sich der Komponist selbst unter Verwendung von Texten von Tomas Tranströmer, Rose Ausländer und Mahmout Darwish. Es handelt von einem Mann, „Der Liebende“ genannt, den plötzlich Erinnerungen an Gesichter, Stimmen, Geliebte, Kinder, Eltern überfallen, denen er sich allesamt nie restlos zu öffnen in der Lage war, so dass er sein Leben schonungslos zu befragen beginnt.
Nach sehr, sehr langer Zeit einmal wieder ein neues Werk präsentieren – man höre und staune! – die Bayreuther Festspiele. Fast auf den Tag genau 136 Jahre nach der dort zuletzt erfolgten Uraufführung von Wagners Bühnenweihfestspiel „Parsifal“ 1882 erklingt dort am 24. Juli als Auftragswerk der Festspiele erstmalig Klaus Langs „der verschwundene hochzeiter“ nach einer Sage aus dem niederösterreichischen Gölsental. Erzählt wird darin die seltsame Reise eines Mannes, dem auf dem Weg zur Hochzeit eines Unbekannten die Zeit davonläuft. Die Inszenierung von Paul Esterhazy findet allerdings nicht im Festspielhaus statt, das weiterhin ausschließlich Aufführungen der kanonisierten Werke Richard Wagners vorbehalten bleibt, sondern in der Kulturbühne Reichshof, einem ehemaligen Stummfilmkino in der Bayreuther Innenstadt. Statt des Festspiel-Orchesters spielt das Brüsseler Ensemble Ictus. Der Komponist, dem auch die musikalische Leitung obliegt, begreift sein Werk dezidiert als „unromantische Oper“ in Abgrenzung zu Wagners romantischer Oper „Lohengrin“ – wo ebenfalls eine Hochzeit zu unguten Folgewirkungen führt –, deren Neuinszenierung durch Yuval Sharon in Bühnenbildern und Kostümen von Neo Rauch und Rosa Loy dann am nachfolgenden 25. Juli unter der musikalische Leitung von Christian Thielemann die offiziellen diesjährigen Richard-Wagner-Festspiele eröffnet.
Weitere Uraufführungen:
03.07.: Aribert Reimann, Sinnig zwischen beyden Welten für Countertenor, Viola und Klavier, Boulez-Saal Berlin
05.07.: Eduardo Moguillansky, Carlos Sandoval, Guido Henneböhl, neue Werke für ensemble mosaik, Kulturbrauerei Berlin
06.07.: Hannes Seidl, Es geht besser besser, ensemble aventure Freiburg
08.07.: Philippe Manoury, Flötenkonzert, Kölner Philharmonie
13.07.: Martin Christoph Redel, Sternenkinder für Soli, Chöre und Orchester, Stephanskirche Konstanz
14. – 28.07.: Konzerte, Performances, Installationen, Lectures, Darmstädter Ferienkurse
19. – 22.07.: Okkyung Lee, Stefan Keller, Stefan Litwin, Hugo Morales Murguía, Adriana Hölszky, neue Werke, Der Sommer in Stuttgart
25.08.: Fazil Say, 4. Symphonie Umut Senfonisi, Kulturpalast Dresden
31.08.: Jörg Widmann, 2. Violinkonzert für Carolin Widmann und Tokyo Symphony Orchestra, Suntory Hall Tokyo