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Benvenutu Cellini in Münster. Foto: Oliver Berg
Benvenutu Cellini in Münster. Foto: Oliver Berg
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Ulkshow, Papst und ungeahnte Farben im Orchester – Premiere von Hector Berlioz’ „Benvenuto Cellini“ in Münster

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Hector Berlioz’ „Benvenuto Cellini“ wird nicht besonders häufig aufgeführt. Vor zehn Jahren kam es am Gelsenkirchener Musiktheater im Revier mal wieder neu heraus, danach in Straßbourg, Salzburg und zuletzt 2008 in Nürnberg. Nun präsentiert das Theater Münster eine Inszenierung des Regisseurs Aron Stiehl, am Pult steht der erst seit sechs Wochen amtierende Erste Kapellmeister und stellvertretende Generalmusikdirektor Stefan Veselka.

Bunt geht es zu auf der Bühne, sehr bunt. Nun ja, immerhin ist gerade Karnevalszeit und die Menschen in Rom werfen sich in knallige Kostüme mit lustigen Hütchen und wollen ihren Spaß. Den bekommt auch das Premierenpublikum in Münster – denn Regisseur Aron Stiehl geizt in seiner Inszenierung weiß Gott nicht mit Klamauk, Witzen, Anspielungen. Irgendwie erinnert das Treiben an die Ulkshow „Klimbim“ aus dem Fernsehprogramm der 70er Jahre, also genau an jene Zeit, in der Balducci, der päpstliche Schatzmeister in Berlioz’ Oper, sich seine Einbauküche mit hellbraun gemusterten Kacheln und Schränken in Eiche rustikal hat kommen lassen.

Die Handlung selbst verortet Aron Stiehl aber im Hier und jetzt. Direkt neben Balduccis Küche liegt das Schlafzimmer seiner Tochter Teresa. Ihrem ausgeprägten Schuh-Fetisch kommen zwei riesige Wandschränke entgegen, in denen ihre Schätze in rot, grün, silber lagern. Und in denen sich man prima verstecken kann, wenn’s drauf ankommt.

Teresa liebt Benvenuto Cellini, den eifrigen Bildhauer aus Florenz – was den Herrn Papa gar nicht erfreut. Der will seine Tochter nämlich mit dem Bildhauer von des Papstes Gnaden namens Fieramosca verkuppeln. Was daraus entsteht ist klar: ein Gezerre zwischen Wünschen und Ansprüchen, Anordnungen „von oben“ und Rebellion „von unten“. Natürlich kriegen sich am Ende jene, die von Anfang an für einander bestimmt waren: der Florentiner mit Anarcho-Stern auf seiner Baskenmütze und die hübsche Blondine Teresa, die ihr Vater am liebsten mit einem Feuerkreis vor unliebsamen Liebhabern schützen will wie einst Wotan seine Brünnhilde. Genau diese Szene wird dem sich ach so ehrbar dünkenden Hüter über die Kirchenknete vorgespielt in Cassandros Theater im 2. Aufzug des 2. Aktes – ein putziger Regie-Einfall. Siegfried tötet einen Drachen, Teresa-Brünnhilde wird befreit. Dazu aus dem Orchestergraben Wagners Feuerzauber … man ist begeistert, nur Balducci nicht.

Stiehl liefert etliche solcher Gags, lässt seiner Fantasie freien Lauf, schafft zusammen mit Bühnen- und Kostümbildner Simon Holdsworth ausgesprochen farbenfrohe Sequenzen. Die abgewrackte Kneipe, in der Benvenuto Cellini sich mit seinen Kumpels trifft, wird von Graffitis geziert und von Sprüchen wie diesem: „Regietheater nein danke“. Und das kühle Blonde, mit dem sich die Malocher stärken, wird von der ortsansässigen münsterschen Brauerei angeliefert. Ganz up to date: der Papst, der dem Titelhelden der Oper eine Frist einräumt, die seit langem bestellte Statue nun auch endlich zu liefern. Das ist Franziskus, der Bischof von Rom, der neue Papst. Weshalb aber im Hintergrund auch noch unser Benedikt im weißen Hermelin herumkrackselt, umgeben von seinem Privatsekretär Georg Gänswein, bleibt rätselhaft. Ebenso rätselhaft, ob Aron Stiehl diesem „Benvenuto Cellini“ einen tieferen Sinn hat geben wollen – und wenn ja: welchen. In seiner Lesart ist das nicht eben häufig inszenierte Werk vor allem eines: unterhaltend und spaßig.

Stiehl kann sich dabei eines Ensembles versichern, dass seine Sache sehr gut macht! Da ist an erster Stelle Sara Daldoss Rossi, seit der Spielzeit 2013/2014 frisch am Theater Münster: eine wunderbare Sopranistin mit berückenden Piano-Tönen von ganz intensiver Ausstrahlung und überzeugender Bühnenpräsenz, alles andere als „nur“ eine Blondine, im Gegenteil: selbstbewusst und entschieden tritt sie auf – auch wenn ihr beim Rauchen ihres Joints in Cellinis Werkstatt die Kontrolle etwas entgleitet. Adrian Xhema ist ihr Liebhaber, ein starker, ein strahlender, ein kämpferischer Tenor mit prächtig ausgebauter Höhe. Lisa Wedekind in der Hosenrolle als Cellinis Lehrling gibt sich quirlig, jugendlich frisch – und singt locker, luftig, leicht. Als Cellinis Gegenspieler Fieramosca mobilisiert Juan Fernando Gutiérrez seinen durch alle Lagen hindurch ausgeglichenen Bariton, Bassist Lukas Schmid ist optisch wie sängerisch ein stattlicher Papst, während Plamen Hidjov in der Rolle des Balducci seinen Kollegen gegenüber hintansteht. Klare Diktion und Klanggebung waren seine Sache in den Jahren, die er bislang am Theater Münster verbracht hat, eher selten.

Aufhorchen lässt Dirigent Stefan Veselka. Der 45jährige Dirigent ist seit Januar 2014 Erster Kapellmeister des Theaters Münster, also noch völlig frisch – und präsentiert mit „Benvenuto Cellini“ seine erste Produktion an diesem Haus. Sehr schön, kann man da nur sagen: Veselka entwickelt im Tutti einen durch und durch homogenen Orchesterklang, bringt Berlioz’ raffinierte Mischungen einzelner Solo-Instrumente als interessante, mitunter ungeahnte Farben zur Geltung, schon gleich in der ausgedehnten Ouvertüre. Und er schafft eine ziemlich perfekte Koordination zwischen Orchestergraben und Bühne, was in „Benvenuto Cellini“ nicht ganz leicht ist. Häufige Tempowechsel, knifflige Rhythmik, heikles „Presto parlando“ – das alles will und muss punktgenau und präzis gearbeitet sein. Diesen Anspruch kann Stefan Veselka durchaus einlösen. Und die nicht minder anspruchsvollen Anforderungen an Chor und Extrachor des Theaters erfüllen die Akteure in der Einstudierung von Inna Batyuk formidabel!

Dennoch bleibt diese Inszenierung etwas für ein Publikum, dem es um nicht mehr als eine vergnügliche Unterhaltung geht. .....

Weitere Termine: 28. 2., 2. 3., 6. 3., 8. 3., 13. 4., 22. 4., 4. 6. 2014
www.theater-muenster.com

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