In der Richard-Strauss-Oper „Die schweigsame Frau“ spricht der lärmempfindliche Sir Morosus nach den vielen Turbulenzen in der Handlung das versöhnliche Schlusswort: Musik sei schön, meint er, aber schöner sei es, wenn sie vorbei ist.
Das Gegenbild zu Sir Morosus, nicht in einer Oper, sondern in der Wirklichkeit, kann in dem kleinen feinen Kurstädtchen Badenweiler besichtigt werden, in Gestalt des kunstsinnigen früheren Hoteliers Klaus Lauer. Dessen „Römerbad-Musiktage“ lockten viele Jahre immer wieder Komponisten, Interpreten und ein aufgeschlossenes, neugieriges Publikum an. Im berühmten Oktogon des historischen Grandhotels erlebte man legendäre Kammermusikabende, deren Besonderheit darin bestand, dass in den Programmen die Musik der Gegenwart mit einer wunderbaren Selbstverständlichkeit präsent war. Insofern erhoben die Römerbad-Konzerte immer auch einen kulturpolitischen Anspruch: Sie zeigten, wie eine intelligente Programm-Dramaturgie aussehen sollte – das jeweils „Neue“ als Teil eines großen Kontinuums, sprich: unserer Musikgeschichte.
Als Klaus Lauer sein Hotel verkaufen musste, bedeutete das zugleich das Ende der Musiktage. Wie schön ist doch die Musik und wie traurig, dass sie nun vorbei sein sollte.
Einige Jahre hielten es Badenweilers Musikfreunde aus, doch dann siegte die Erinnerung: sie baten Lauer, die Musiktage wieder aufleben zu lassen. Gesagt, getan: Die erste Ausgabe der neuen „Badenweiler Musiktage“, jetzt im neuen Kurhaus gleich nebenan vom alten Römerbad gelegen, geriet zu einem Riesenerfolg, sowohl künstlerisch als auch beim Publikum. Klaus Lauers Handschrift war unverkennbar: in der Wahl der Interpreten, auch in deren Programmgestaltungen. Das Klavierduo Yaara Tal und Andreas Groethuysen kombinierte Wagner-Transkriptionen mit Originalkompositionen von Debussy, das Cuarteto Casals ließ auf Streichquartette von Debussy und Ligeti das h-Moll-Quintett von Brahms folgen, mit dem Klarinettisten Jörg Widmann. Jörg Widmann und Schwester Carolin Widmann bestritten auch den dritten Abend: Gemeinsam mit dem Pianisten Florent Boffard hörte man eine ausgefeilte Wiedergabe von Bartóks „Kontraste“. Wolfgang Rihms Partita „Über die Linie VII“ für Violine solo erfuhr durch Carolin Widmann eine mit feiner Kantabilität durchzeichnete Darstellung. Überwältigend. Das vierte Konzert war Beethoven vorbehalten: Der Pianist François-Frédéric Guy spielte die drei späten Sonaten – klar disponiert, mit der gebotenen, von Innen gespeisten Energie, auch in den klanglichen Differenzierungen subtil durchgearbeitet bis hin in die Entmaterialisierungen von Opus 111.
Die nächsten Musiktage (30. April bis 3. Mai 2015) sind der Musik Frankreichs gewidmet: „… à la française …“. Dabei wird es auch wieder einen Residenzkomponisten geben: Bruno Mantovani, derzeit Directeur du Conservatoire de Paris. Mantovani wird in einem Konzert demonstrieren, wie „Musik entsteht“ und dabei am Klavier improvisieren. Der Pianist Jean-Efflam Bavouzet gibt einen Soloabend (u.a. mit Boulez’ Klaviersonate Nr. 1), zusammen mit dem Quatuor Danel führt er von Mantovani dessen Quintett „Blue girl with red wagon“ auf. Mantovani hat auch „Quintette pour Bertold Brecht“ für Harfe und Streichquartett komponiert, die vom Quatuor Danel gemeinsam mit der Harfenistin Sarah O’Brien gespielt werden.