So bunt, ideenreich und ebenso vollmundig vielversprechend wie zugleich hart an den Realitäten des täglichen Lebens wurde schon lange keine Musikveranstaltung mehr angekündigt. Auch geht es um nicht weniger als „Zukunftsmusik“. Das „Festival innovativer Musik“ (www.zukunftsmusik-das-festival.de) bringt vom 1. bis 10. Oktober zwölf zumeist interdisziplinäre Projekte von Komponisten und Künstlern der jüngeren und jüngsten Generation an zwölf Orte im Ballungsraum Stuttgart. Veranstalter sind die KulturRegion Stuttgart, Musik der Jahrhunderte und das Netzwerk Süd in Verbindung mit den Kulturämtern der Landeshauptstadt sowie der weiteren elf beteiligten Gemeinden.
Den Anfang macht im Esslinger Schwörhof Johannes Kreidlers musikalisches Happening für Sänger, Instrumentalisten, Roboter und Demonstranten mit dem barock überladenen Titel „Arbeitsmarktplatz Esslingen (2010) Musik für alle, Vermittlung vermittelt. Tragödie des Hörens, erste Roboterdemonstration“. Geboten werden dabei Bilder über zu viel und zu wenig Arbeit, über die Dauer von Arbeitszeit und den Mythos der Vollbeschäftigung. Im Backnanger Bürgerhaus folgt Mario Verandis mehrkanalige Klanginstallation „Road to Backnang“ mit Horn-Lautsprechern, Bläserquartett und Einblicken in Familienalben von Menschen mit Migrationshintergrund. Und während in der Marienkapelle des JVA Gotteszell Schwäbisch Gmünd Niklas Seidels Musikperformance mit Video „Über den Zaun der Nachbarie“ blickt, um Gesetzen nachbarschaftlichen Zusammenlebens auf den Zahn zu fühlen, legen Hannes Seidl und Daniel Kötter mit „Galerie“ einen musikalischen Parcours durch das Areal des Stuttgarter (Schulbuch)Verlages Klett.
Weiter geht es mit Maximilian Marcolls temporärer Verwandlung der Ditzinger Kernstadt „Umverteilung“, die zuvor aufgezeichnetes „akustisches Prekariat“ durch Ortsverlagerung zu subversiver künstlerischer Wertschöpfung beitragen lässt, und Werner Cees „Alltags(Ver)Dichtung“, einem durch Improvisationskünstler „zukunftsträchtig“ mitgestalteten multimedialem Klangporträt von Ludwigsburg. Ferner übersetzt Christoph Ogiermann den Stadtraum Waiblingen durch einen Sternmarsch hunderter Musiker in eine Partitur und vereint Alan Hilario mit Leonberger Schülern in „sini(n)gang.mix“ Schattenspiel mit Musikperformance und Kochshow. Das Thema Arbeit und Freizeit verfolgen sowohl Annesley Black und Hazel Meyer im Sportstück „Schlaegermusik“, das von Sportlern des SGV Hochdorf am Neckar erzählt, als auch Hannes Seidl und Daniel Kötter in der Musiktheater/Videoperformance „Freizeitspektakel“ über den Alltag der Neuen Vocalsolisten Stuttgart. Hinzu kommen Projekte und Uraufführungen von Paolo Perezzani, Gordon Kampe, Sergej Newski, Matteo Franceschin, César Camarero, Sandeep Bhagwati, Rupert Huber und Jennifer Walshe.
Weitere Uraufführungen
3.10.: Mirjam Tally, Tomi Räisänen, Magdalena Buchwald, Robert Krampe, Werke von Komponisten aus dem Ostseeraum anlässlich „20 Jahre Wiedervereinigung“, Kolosseum Lübeck
15.–17.10.: Donaueschinger Musiktage, neue Streichquartette von Bernhard Lang, Ablinger, Adamek, Cassidy, Dillon, Ferneyhough, Hilario, Manoury und Posadas, sowie Uraufführungen von Lim, Ospald, Globokar, Stroppa, Lara, Norris, Steen-Andersen, Dusapin und James Saunders
22.–24.10.: Transit New Music Festival in Leuven, Werke junger flämischer sowie int. arrivierter Komponisten
23.10.: Ulrich Schultheiss, Capriccio für zwei Violoncelli und Streichorchester, Emil Schumacher Museum Hagen
24.10.: Carola Bauckholt, Neues Werk für Ensemble, musikFabrik WDR Köln
Dieter Schnebel, Bachmann-Gedichte, Festival „Utopie Jetzt!“ Mülheim an der Ruhr
28.10.: Johannes Schöllhorn, clouds and sky für Klavier und Orchester, Kölner Philharmonie