„Zündkapsel“ zur Explosion der Musik in vielfältige Szenen und Stilistiken war vor genau fünfzig Jahren das Weltmusikfest der IGNM, das im Juni 1960 erstmals in Köln stattfand. Neben Werken der Zweiten Wiener Schule gelangten damals vor allem Stücke der jungen Nachkriegsavantgarde zur Aufführung, von Boulez, Berio, Nono, Pousseur. Uraufgeführt wurden Ligetis „Apparitions“ sowie Stockhausens „Kontakte“ im selben Konzert mit Kagels „Anagrama“. Schon damals hätte offensichtlich werden können, in welch völlig unterschiedliche Richtungen sich die Vertreter der vermeintlichen „Kölner Schule“ entwickelten.
Darüber hinaus kam es zu Absetzbewegungen gegen die als „staatstragend“ vereinnahmte europäische Avantgarde, deren IGNM-Konzerte von hoch offiziellen Staatsempfängen begleitet waren. Parallel dazu trafen sich im Atelier der Kölner Bildenden Künstlerin Mary Bauermeister internationale Musiker und Künstler, die ganz anders geartete Ästhetiken vertraten, die den Werkbegriff sprengten, zu intermedialen Kunstformen vordrangen, politisierten und Startschüsse zur Bildung einer alternativen freien Kunst- und Musikszene gaben: John Cage, David Tudor, Nam June Paik, Sylvano Bussotti, Cornelius Cardew, Heinz-Klaus Metzger und Hans G Helms.
Der Rückblick auf diese historische Glanzzeit ist umso erfreulicher, als er nicht ausschließlich retrospektiv und verklärend bleibt, sondern sich – zufällig oder nicht – mit einem gegenwärtigen Ereignis berührt, das ausdrücklich auf Zukunft zielt. 2009 wurde an der Hochschule für Musik und Tanz Köln ein „Institut für Neue Musik“ gegründet, das der im April verstorbene langjährige Kompositionsprofessor Johannes Fritsch schon vor dreißig Jahren angedacht hatte. Vom 17. bis 19. Juni tritt dieses Institut nun mit seinen Lehrkräften und Studierenden in einem Eröffnungsfestival an die Öffentlichkeit.
Zu erleben sein werden in sechs Konzerten mit Ensemble-, Orchester- und Elektronischer Musik dabei auch Uraufführungen der Kompositionsstudenten Yasutaki Inamori, Julien Jamet, Eiko Tsukamoto und Myunghoon Park.
Weitere Uraufführungen
01.–13.06.: Werke von Hye-jin Yoon, Yu-Chung Tseng, Yiu-kwong Chung, Jan Bang, Carlos Bica, Anton Lukoszevieze, Jennifer Walshe, Helena Tulve, Schumannfest Düsseldorf
06.06.: Klaus Lang, Buch Asche – Experimentelles Musiktheater, Opernhaus Bonn
08.06.: Sven-Ingo Koch, Erstes Streichquartett, Beethovenhaus Bonn
10.06.: Jan Müller-Wieland, Liebesszene, Casa Verdi, Akademie der Künste Berlin
12.06.: Chaya Czernowin, Nicolaus A. Huber, Jörg Widmann und andere, Neue Stücke für das ensemble recherche, Morat-Institut Freiburg
23.06.: Franke, Schleiermacher, Terzakis, Thiele, Vier Kommentare zu Bach, Gewandhaus Leipzig
23.06.: Orm Finnendahl, Jakub Sarwas, Ulrich Müller, Neue Werke, musica viva Gasteig München
23.06.: Rebecca Saunders, Doublebass Concerto, Sächsische Staatskapelle Dresden