Wer sich Schloss Blumenthal, etwa 25 Kilometer nördlich von Augsburg gelegen, nähert, wird in der Regel gleich bei der Ankunft von einem Esel begrüßt. Betritt man den Innenbereich, ein großes grünes Areal, stößt man auf einige friedlich grasende Lamas. Spätestens jetzt merkt der Besucher, die Besucherin, dass es sich um einen besonderen Ort handelt. Daran sind nicht nur die Tiere schuld. Eine Genossenschaft hat den seinerzeit recht heruntergekommenen Bau, dessen Geschichte bis ins 13. Jahrhundert zurückreicht, erworben, es nach und nach saniert, daraus ein individuell gestaltetes Hotel mit Seminarräumen und ein Restaurant mit Biergarten gemacht. Von Anfang an spielte der Nachhaltigkeitsgedanke eine große Rolle – bis heute.
An diesem Ort muss es Musik geben, dachte sich Georg Arzberger, vielseitiger Klarinettist und Professor an der Münchner Musikhochschule, der nur unweit des Schlosses groß geworden ist und es schon als Kind häufig besuchte. So entstand die Idee zum „Musikfest Blumenthal“, das in diesem Jahr zum zweiten Mal stattfand. Arzberger holte Gertrud Deckers für die Geschäftsführung ins Boot. Gemeinsam planten sie das Musikfest – und verfolgten, dem Ort gemäß, ebenfalls das Ziel der Nachhaltigkeit, das sie, wo immer möglich, in allem was sie tun realisieren. „Fürs Herz – fürs Klima – für Alle“ lautet das Motto. Und auch, wenn dieses Motto es nicht sofort vermuten lässt: Die Musik spielt hier die zentrale Rolle.
Ein Getreidespeicher im Blumenthal-Areal wurde für das Projekt zum Konzertsaal ausgebaut, mit einer erstaunlichen Akustik. Die Musik trägt gut bis in den hinteren Teil des Raumes, gleichzeitig ist sie sehr klar, man hört einfach alles. Für das Mandelring-Quartett, das gleich zwei Konzerte (eines davon mit Arzberger als musikalischem Partner) gestaltete, ist das genau richtig. Die Musiker scheinen perfekt ins Gesamtkonzept zu passen, kündigen ihre Stücke selbst an, erzählen Informatives, ohne zu dozieren – und man spürt schon in den Ansagen, dass hier viel Freude im Spiel ist. Und erst in der Musik: Frühwerke von Mozart und Mendelssohn stehen auf dem Programm; die Musiker und die Musikerin beweisen, dass hier, 16- beziehungsweise 18-jährig, bereits Meister der Musik am Werk waren, spielen filigran ihre Stimmen aus und kommunizieren hörbar miteinander.
Das „Amerikanische Streichquartett“ von Antonin Dvorák rundet das Programm eindrucksvoll ab. „Mit Herz“, der erste Teil des Mottos, meint: „Wir wollen Menschen mit der Musik berühren“. Das gelingt an diesem Abend großartig. Der dritte Motto-Teil heißt „Für alle“. Die Programmgestaltung und die besondere Atmosphäre des Ortes sollen Berührungsängste gar nicht erst entstehen lassen. Es geht zwanglos zu, beim Besuch des Biergartens nach dem Konzert kann man den Musikern auf Augenhöhe begegnen.
Arzberger setzt in seiner Programmatik ganz auf Qualität. Neben dem Mandelring Quartett spielten Musiker der Camerata Vitilo, des „Festspielorchesters“, das sich aus Professoren und Musikern aus führenden Orchestern in Deutschland zusammensetzt, ein „Wanderkonzert“ und das Abschlusskonzert. Ein Kinder- und Familienkonzert ist fester Bestandteil des Programms, ebenso ein Ausflug in Nachbarbereiche der Klassik. In diesem Jahr war es das „The New Peter Lehel Quartet“. Auch hier war Arzberger als Gast-Musiker gefragt.
Dieses Musikfest lebt stark vom Engagement, von der Begeisterungsfähigkeit, auch vom Optimismus seiner Macher. Konnten sie im ersten Jahr mit der Anschubfinanzierung durch ein EU-Programm starten, so müssen sich für die Zukunft neue Geldquellen auftun.
In diesem Jahr unterstützte der Bezirk Schwaben, der Landkreis sowie die Stadt Aichach das Projekt. Sollen die Ideen und Pläne für die nächsten Jahre umgesetzt werden, braucht es weitere Geldgeber und Förderer. Und natürlich Besucher: Zufällig verirrt man sich nicht in dieses in einer malerischen Wald- und Feldlandschaft recht abgelegene Schloss. Aber auch hier sind Arzberger und Deckers optimistisch: „Wer einmal hier war, kommt wieder“, erklärt Gertrud Deckers. Das ist dem Festival mit seinem einzigartigen Ambiente und der großartigen Musik zu wünschen; es verdient Publikumsströme von überall her.