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Konstantin Wecker, Michael Dangl bei der Probe. Foto: © Christian POGO Zach
Konstantin Wecker, Michael Dangl bei der Probe. Foto: © Christian POGO Zach
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Von Klang und Lärm – und Stille. Münchens Gärtnerplatztheater feiert Konstantin Weckers Geburtstag nach

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„70 – und kein bisschen leise“ darf der Musikfreund ihm erfreut bestätigen. Wo immer über die dominierende Polit-Phraseologie hinaus starke Worte und mehr noch: in Herz und Hirn zündende Töne notwendig sind, um Missstände offenzulegen und anzuprangern – da ist Konstantin Wecker dabei, reist meist auf eigene Kosten an, tritt auf und macht Mut. Zu seinem 70. Geburtstag war das Gärtnerplatztheater noch nicht wiedereröffnet. Jetzt wurde mit einer musikalisch-literarischen Uraufführung nachgefeiert.

Nicht alle, die den „jungen Wecker“ der 1970er Jahre mit seinen Lebens- und Liebeslust-, dann zunehmend auch Protestliedern schätzen gelernt haben, wissen auch, was da für ein Multitalent über die Jahrzehnte so geschaffen hat: als bekennender „Puccinist“ und Opernbesucher parallel zu den vielen Tourneen, Benefiz- sowie Kulturbotschafter-Auftritten, zu den rund 40 LP-CD-Alben auch Lyrik, Theater-, Bühnen- und Film-Musiken, auch Kinder- und Erwachsenen-Musicals – und über den Erstling „Uferlos“ hinaus nun den Roman „Der Klang der ungespielten Töne“. Der darin vom Ich-Erzähler Anselm Cavaradossi Hüttenbrenner offengelegte Lebensweg weist viele Parallelen zu Weckers eigener Biographie auf.

Michael Dangl - Schauspieler, Autor und seit Jahren Genre-Grenzen reizvoll überschreitend - hat eine Version für drei Sprecher, Violoncello und Orchester erstellt; Nicole Claudia Weber hat diese literarisch-musikalische Erzähl-Spiel-Handlung von Weckers Roman nun in halbszenischer Form auf die Bühne gebracht – mit der vollen Wucht und Poesie der Weckerschen Sprache und fast allem darin beschriebenen musikalischen Reichtum, den Gärtnerplatz-Dirigent Andreas Kowalewitz für kleines Orchester arrangierte und leitete: von Mozart zu Verdi, Brahms, Mahler, Puccini bis Arvo Pärt – erstmals im verbesserten und halbhoch gefahrenen Orchestergraben noch ein paar Mal zu dominierend gegenüber den mit Mikroports verstärkten Sprechstimmen, aber in schöner Balance zu Konstantin Wecker selbst am Klavier auf der Bühne, dann mit übernehmendem Soloklavier im Graben, dann Orchesterklang und dann wieder zum Solo-Cello… anders als für den Roman-Leser überhöhte voll tönende Musik Hüttenbrenners (und Weckers) „Suche nach dem Wunderbaren“.

Die begann im Elternhaus: die Lyrik liebende Mutter legte eine Schiene, der mit bühnengeeignetem Tenor begabte Vater mit Oper und vieler anderer Musik die zweite beim Buben: Knabensopran-Tenor-Duette mit der operntypischen „hohen Frauensterblichkeit“. Beim jugendlichen Hüttenbrenner-Wecker folgten „Blues, Frühlingserwachen und Fleischlichkeit“ – bis Mahlers Adagio aus der 9.Symphonie ein Erweckungserlebnis brachte. Dazu tauchte der geheimnisvolle, ganz jung durch Selbstverstümmelung aus der Weltkarriere ausgestiegene Klaviervirtuose Karpoff als Leitfigur auf. Zu den schrillen Klängen von Hüttenbrenner-Weckers „Krieg und Frieden“-Komposition folgte der Kontakt zu Film, Schlager und Geld: Kommerzialisierung und „musikalische Hurerei“, der Verlust des künstlerischen „Sehens wegen des Gesehen-Werdens“.

Flug durch den Kosmos der Musik

Doch Karpoffs Aufforderung zu „Zeit“ und „Stille“ wirkt weiter: Hüttenbrenner-Wecker entdeckt, dass sein Konzertflügel wieder „mit ihm spielt“; er entdeckt den „Klang der Stille“ und beginnt ihn, seine populäre Karriere ruinierend, zu sammeln – eine hübsche Parallele zu Heinrich Bölls „Dr. Murkes gesammeltes Schweigen“. In feinsinnige Text-Musik-Szenen wechselten Wecker, Yara Blümel und Michael Dangl in Kurz-Rollen zwischen den drei Pulten auf der sonst leeren Bühne, entlarvten mal Musik-Business, amüsierten mal mit Künstler-Eheleben, ließen mal mit Kunst-Einsichten innehalten. Zur „Kraft des Leisen“ leuchtete aus dem schwarzen Hintergrund dann im zweiten Teil des zweistündigen Abends die geheimnisvoll schöne Solocellistin Fany Kammerlander auf. Beide fanden schließlich zu „Musik, die sein musste“ – wozu Arvo Pärts „Spiegel im Spiegel“ erklang.

Ein ganz anderes als das sonstige Münchner Premieren-Publikum erlebte einen Flug durch den Kosmos der Musik, aneckend an den „Lärm der Zeit“, aber sich daraus erhebend und einen Blick eröffnend in die faszinierende Weite aller Töne - eine wiederholt anrührende Geburtstagsfeier, die an Konstantin Weckers erste Gärtnerplatz-Auftritte in Benjamin Brittens „Let’s make an Opera -Der kleine Schornsteinfeger“ erinnerte und auch ihn selbst anrührte: beim Rückblick, dass der Vater Hüttenbrenner-Weckers einen begeisternden Tenor besaß, leuchtete die Proszeniumsloge im Balkon auf und Juan Carlos Falcón sang den ersten Teil von Puccinis „E lucevan le stelle“ – und zur Erzählung der Begeisterung seines Sohnes stand in der Loge gegenüber Knabensopran Konstantin Starke und sang mit Falcón zusammen staunenswert das „Parigi o cara“-Duett aus Verdis „Traviata“: das Original von Wecker-Vater und Sohn ist in der CD-Box „Poesie und Widerstand“ zu hören – da schluckte der vitale Siebziger auf der Bühne, schaute zu Boden, überwand die aufsteigenden Emotionen und drückte am Ende den Knabensopranisten besonders herzlich an sich… Musik als Brücke über die Zeit.

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