Mit neuer Musik auf Tournee gehen? Eine schöne Idee. Nur eben: Leider nicht realisierbar, weil kaum kommunizierbar. Ein „Arbeitskreis Neue Musik im Landesmusikrat NRW“ hat es trotzdem probiert. Hat zehn Musiker aus zehn der neuen Musik verpflichteten Gesellschaften binnen vier Wochen in zehn Städten auftreten lassen. Ergebnis: Die Nische lebt. Nicht einmal schlecht. Zumal wenn sie im Rheinland eingerichtet wird. Ein Erfahrungsbericht von Station 10.
Das Theatermuseum in Düsseldorf ist ein schönes Haus. Nur, dass es das Pech hat, im Fadenkreuz zweier Verkehrsschneisen aufgestellt zu sein. Seitdem auf eine „autogerechte“ Moderne erpichte Stadtplaner auch die Heinrich-Heine-Stadt mit ihrem Hofgarten im Zentrum, auf „Zukunft“ getrimmt haben, fand sich das Theatermuseum stranguliert wieder. Dabei ist es bis heute geblieben. Auch das neuerliche Millionengrab, ein Großbauprojekt namens „Kö-Bogen“ hat daran nichts geändert. Ergebnis: Im Theatermuseum gibt es keine Stille mehr. Was für zeitgenössische Musikkonzerte eigentlich ein Ausschlusskriterium ist. Doch ist der Rheinländer in solchen Momenten recht schicksalergeben: Et kütt wie et kütt. Es kommt wie es kommt.
Dazu kam beim Stationen-Abschlusskonzert dann auch noch wummernder Partylärm von vis-à-vis, mit Einsatz meistens bei den leisen Stellen und immer dann, wenn die Musiker ihre Konzentration suchten. Wozu der Rheinländer freilich auch wieder ein goldenes Wort auf den Lippen hat: Jeder Jeck es anders un jeder Jeck hätt Räch. Zu Deutsch: Disco darf sein, wenn sie angemeldet ist. Und das war sie.
An der guten Stimmung im kleinen Vortragssaal hat dies wenig geändert. Wozu ein anderer komponierender Rheinländer so etwas wie die passenden Stichworte geliefert hat. „Denke NICHTS“ // „Dann spiele weiter“. Spielanweisung aus „Nr. 13: ES“ für Ensemble aus dem Zyklus „Aus den sieben Tagen“. Für das wie mit dem Zufallsgenerator aufgestellte Stationen-Ensemble war dieser Stockhausen der „intuitiven“ Phase eine willkommene Einladung, sich improvisierend zu finden. Was man dann auch tat. Wie überhaupt die Ensembleleistungen erstaunlich gefestigt wirkten. Im wunderbar schwebend ausgeführtem Trio mit dem schönen Namen Federico’s little songs for children für Sopran, Flöte, Harfe von George Crumb ebenso wie im auskomponierten „Flammentropfen“-Crescendo von Violeta Dinescu mit effektvoller Steigerung von vierfachem Piano zu siebenfachem Forte.
Letzteres war ein ebenso gelungener Auftakt wie der von Jörg-Peter Mittmann eigens für diese Formation komponierte abschließende Diskurs für zehn Musiker. Fürs begleitende, von Lesley Olson mit einer Extraportion Idealismus auf die Beine gestellte Schulprojekt, geradezu optimal. Sprachlos, das ist so etwas wie der ausgeführte Kommentar über das, was Musik immer versucht. Instrumente melden sich zu Wort. Was sagen sie? In Mittmanns sprachlos-Diskurs sagt es die Sängerin. „Ich weiß es, kann es aber nicht sagen.“ Für Irene Kurka eine leichte Übung, sich damit zu behaupten – gegen und über alles Schnalzen, Wischen und Sampler-Schnarren im Ensemble. Ja, selbst die tief wummernden Frequenzen von Disco und Autolärm waren da auf einmal neutralisiert, hineingenommen. Sollte man patentieren.