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Peter Tilch (Gunther), Michael Heim (Siegfried), Heeyun Choi (Hagen), Peggy Steiner (Gutrune). Foto: Peter Litvai.
Peter Tilch (Gunther), Michael Heim (Siegfried), Heeyun Choi (Hagen), Peggy Steiner (Gutrune). Foto: Peter Litvai.
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Weltende zwischen Resort und Fun-Park – „Ring“-Finale in Landshuts Landestheater Niederbayern

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Spielarten von „Götterdämmerung“ zeigen sich derzeit auf fast allen Gebieten: von Kita bis Altenheim, von Bus bis Bahn, vom Steueramt parallel zu Finanzoasen, von der Klassenmedizin kontrastierend zum Organhandel, vom Wasser hin zu seltenen Erden, von Wissen über ChatGPT zu KI … und x anderen Bereichen. Das greift der letzte Baustein der ersten Produktion von Wagners „Ring des Nibelungen“ für Landshut, Straubing und Passau eindringlich auf.

Die kaum mehr erschreckende Diskrepanz zwischen Anspruch und Wirklichkeit zeigt das Produktionsteam – Stefan Tilch (Regie), Karlheinz Beer (Bühne), Ursula Beutler (Kostüme), Florian Rödl (Video) – mehrfach unübersehbar. Auf der Hintergrundleinwand tauchen immer wieder die „Weltwissensbibliothek“ mit Wotan auf (nmz.de vom 17.04.2022); dann bilden mehrfach zwei fast bühnengroße Bücherwände den Zwischenvorhang – doch wenn die Bühnenfiguren keine VR-Brillen aufhaben, die üppige Naturlandschaften vorspiegeln, fliegt wohl eine Drohnenkamera über menschenleere Wüsteneien. Dieser sich bis in die letzten Videobilder zuspitzende Konflikt, von der am Ende brennenden Bibliothek hin zur wüsten Öde, dieses „Wir wissen alles besser – und handeln nicht danach“, ist überzeugend über die vorausgehenden Abende der Tetralogie aufgebaut (nmz.de vom 28.11.2022) und erweist damit diese ganze „Ring“-Produktion, erweist Wagners Werk als leider bislang zeitlos gültige Parabel, die unausweichlich auf uns weist. Erfreulich einhellige – doch wohl folgenlose? - Zustimmung des Premierenpublikums.

Auf der ja grundsätzlich beschränkten Bühne des Landshuter Theaterzeltes gab es beeindruckende Szenen. Da erinnerten die drei schwarzen Nornen des Beginns auf einem in den Sternenhimmel ragenden Dreieck an die „Star Wars“-Erzählungen: mit Überschriften von „Kapitel I“ springend bis zu „XIII“. Da erwachten Brünnhilde und Siegfried in einem sonnigen All. Dazu in scharfem Kontrast stand die „Body-Shape“-Gym-Welt eines Edel-Resorts, in dem die Gibichungen den „Menschen“ mittels VR-Brillen eine heile Welt vorgaukelten und sie zu uniformen Gesundheitsübungen animierten. Doch neben und hinter den zu Statuen erstarrten Göttern Wotan, Donner, Fricka und ganz hinten wohl Freia und Froh, sah, wer immer die Brille dieses „Götter-Fun-Parks“ absetzte, einen verödeten „Gött-Un-Park“ in der Wüste – ein Disneyland nach dem Weltuntergang – eben „Götterdämmerung“ unserer Wohlfühl-Fun-Gesellschaft. Überzeugend gelungen.

Leider stand dem in Tilchs Regie eine wohl als „Entlarvung“ gedachte Personen-Führung gegenüber, deren Banalität pauschal nur mit „Youtube-Tik-Tok-DSDS-Niveau“ zu etikettieren ist: Verdoppelung des Textes und durchgängig so viel „Daumen hoch“ wie derzeit nirgendwo auf der Opernbühne – bis hin zu einem Hagen (Heeyun Choi), der doch eigentlich als überlegen-kalter Machtstratege zu charakterisieren wäre, und zu seinem ihn vielfach anleitenden, aber wenig gefährlichen Geist-Vater Alberich (Oliver Weidinger). Insgesamt Typen ohne Fallhöhe - enttäuschend.

Erfreulich dagegen die musikalische Seite. Mit der auf etwa 65 Instrumentalisten beschränkten Niederbayerischen Philharmonie zeigte GMD Basil Coleman, dass die „Lessing-Fassung“ doch viel vom Reichtum der Wagnerschen Reife enthält. Natürlich kann mehr Streichersüße das Erwachen der Liebenden umspielen und im 3. Aufzug waren Ermüdungstöne von den Blechbläsern zu hören, aber die Lyrik in Siegfrieds Erzählungen, der schwungvolle Fluss um die am Ende drogen-trunkenen Rheintöchter, die Dramatik im fast italienischen Rache-Terzett von Brünnhilde, Gunther und Hagen, die Wucht des Trauermarsches und die leuchtende Emphase von Brünnhildes Schlussgesang gelangen. Nur die unterstützende Tontechnik war mit „Piano-Fernwirkung“ überfordert und neigte zu oft zu „vollem Sound“. Denn das vokal durchweg gute Solistenensemble konnte auch so überzeugen - herausgegriffen: mit Yamina Maamars Brünnhilde wurde leidvolles Reifen, durch Michael Heims Siegfried demgegenüber viriles Unbedarftsein nachvollziehbar. Der dystopische Blick auf unsere Welt gipfelte im Starren der Chor-Menschheit auf eine leblose Wüste im Leinwand-Hintergrund. Doch dann fuhr die Kamera nahe an den ausgedörrt rissigen Boden heran – und zur einzig „unbeschädigten“ Musik der durch „Gold-und-Macht“ ruinierten Welt, zum einstigen Liebesjubel Sieglindes „Du hehrstes Wunder“ und nun fast nach „Erlösung“ klingender Streicher-Süße wuchs aus einer Ritze eine Pflanze empor … ob wir das mit unserer Erde besser schaffen?

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