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Singer Pur zusammen mit den Ensembles Sylvarum und Leones. Foto: Juan Martin Koch
Singer Pur zusammen mit den Ensembles Sylvarum und Leones. Foto: Juan Martin Koch
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Wortgewaltiges von Senfl und Klangsinnliches von Bryars bei den Singer Pur Tagen 2022

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Die vierte Ausgabe der Singer Pur Tage auf dem Adlersberg bei Regensburg stellte zwei Komponisten in den Mittelpunkt: Ludwig Senfl und – als composer in residence – Gavin Bryars. Eindrücke von einem gehaltvollen Wochenende im Zeichen der Vokalpolyphonie.

„Was ist die Welt? Geld hat allein Preis. Fleiß bricht jedermann. Niemand sicht an, was das der Seele schaden kann.“ Der aus der Schweiz stammende, 1523 an die Münchner Hofkapelle berufene Ludwig Senfl war nicht nur ein begnadeter Komponist, auch als Verfasser seiner eigenen Texte war er ein stimmgewaltiger Zeitgenosse. Entsprechend prägnant stellten Christian Meister, Markus Zapp, Manuel Warwitz und Jakob Steiner diese erste Strophe eines seiner Lieder unisono in den Kirchenraum, um sich im Anschluss erst zwei-, dann vierstimmig aufzufächern.

In allen drei Konzerten der diesjährigen Singer Pur Tage auf dem Adlersberg setzte das Vokalensemble die deutschsprachigen, weltlichen Werke Senfls in Kontrast zu seinen lateinischen Motetten. Neben dem eingangs zitierten „Was ist die Welt?“ machten die gesungene Autobiographie Senfls („Lust hab ich g’habt zur Musica“) und das lautmalerische „Gläut zu Speyer“ besonderen Eindruck. Leider zerfiel das umfangreiche „Ich stund an einem Morgen“ durch die wechselnden Besetzungen ein wenig in seine Einzelteile, hinzu kam eine Koordinationsstörung mit der Begleitung gegen Ende.

Ansonsten war die instrumentale Mitwirkung in eigenen Beiträgen wie auch in der Verbindung mit den Stimmen exquisit: Das Ensemble Leones um Marc Lewon musizierte feinsinnig  auf Laute und Gamben, das von Frithjof Smith’ brillant geblasenem Zink angeführte Ensemble Sylvarum lies die Posaunen gelegentlich auch raumwirksam von der Orgelempore herab erschallen.

Singer Pur präsentierten sich auf gewohnt hohem vokalen Niveau, mit einer Claudia Reinhard als himmelstürmender Sopranistin in Bestform und einem in einigen Solopassagen des deutschen Repertoires kernig und textklar artikulierenden Manuel Warwitz. Schon gut in den Ensembleklang integriert ist das zuletzt hinzu gekommene Ensemblemitglied, Bassist Felix Meybier, den man sich an manchen Stellen allerdings etwas präsenter und selbstbewusster im Fundament gewünscht hätte.

Als composer in residence verfolgte der bald 80-jährige Gavin Bryars das komplette Festival mit wohlwollendem Interesse. Kein Wunder, denn Singer Pur verströmten auch in seiner, der sechsköpfigen Besetzung perfekt in die Stimmen geschriebenen Musik raffinierten Wohllaut – von einigen Intonationswacklern in „Voi ch’ascoltate“ abgesehen. Reinhards Sopran und Warwitz’ Tenor haben es Bryars besonders angetan, und so heben sich beide Stimmen bisweilen aus den textumschmeichelnden, trotz kleinster Spannungen durchweg harmonieseligen Petrarca-Vertonungen heraus. Die eigens für das Festival neu komponierten Stücke knüpfen dabei nahtlos und somit auch ein wenig vorhersehbar an die „Tatti Madrigale“ an, die Singer Pur für CD eingesungen haben. Frischer, mit beinahe jazzigen Akkordschärfungen wirkten die zu ihrem 25. Bühnenjubiläum entstandenen „Words for music“ auf Texte von William Butler Yeats. Schade, dass Claudia Reinhard dem Komponisten im Gespräch nicht allzuviel Substanzielles entlocken konnte.

Schade auch, dass die wunderbare Stimmung in der Dominikanerinnenkirche am Samstag und Sonntag durch einen Fotografen und einen Kameramann getrübt wurde. Optisch störend war außerdem das knallrote Roll-Up-Banner des Bayerischen Rundfunks, auch wenn es natürlich höchst erfreulich ist, dass BR-Klassik am 17. August eine Zusammenfassung des Festivals senden wird.

Zwei groß besetzte, Senfls Satzkunst zelebrierende lateinische Stücke vereinten am Ende der Singer Pur Tage alle Mitwirkenden zu einem eindringlichen Gesamtklang. Das treue, enthusiastische Publikum dankte für ein intensives, gehaltvolles Wochenende im Zeichen der Vokalpolyphonie – der alten und der neuen.

 

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