Gerd Zacher (* 1929) gilt zu Recht als Pionier avantgardistischer Orgelmusik – sowohl als Interpret wie auch als Komponist. Darüber hinaus hat er sich immer wieder literarisch betätigt – und vielfach über Werke von Bach und deren Rezeption im 20. Jahrhundert reflektiert. Alle diese Aspekte seines Wirkens fließen nun in der „Realisation“ des Musikalischen Opfers zusammen.
So muss denn diese CD-Produktion auch als eine Art „Gesamt-Interpretation“ des 1747 in drei separaten Abteilungen im Druck erschienenen Werkes gesehen werden. Fraglich ist freilich, in welcher Ordnung die einzelnen Stücke (Ricercare, Kanons und eine Triosonate) gebracht werden wollen – es kommt bei der Argumentation immer auf die jeweilige Perspektive an. Zacher jedenfalls knüpft an die von Philipp Spitta und der Alten Bach-Ausgabe festgelegte Abfolge an (wie sie dann auch im BWV festgehalten wurde) – ordnet also eher musikalisch und als systematisch.
Merkwürdig mutet indes an, wie sehr sich Zacher in seiner 29 Seiten umfassende Einführung vom August 2008 noch einmal an anderen Sichtweisen abarbeitet, wo es doch in diesem Fall kaum eine letzte Wahrheit geben kann. Auch die vehemente Fürsprache für die Kanons mutet merkwürdig verspätet an – hat man doch heute schon lange wieder offene Augen für diese hohe Kunst der Polyphonie entwickelt.
Was also bleibt, wenn man das Booklet und die Frage der Reihenfolge zur Seite legt? Am wohl auffälligsten ist die Auflösung und Instrumentierung der Kanons, die nicht vorschnell mit einer frei hinzugefügten Kadenz beendet werden, sondern offen ausschwingen dürfen. Rein interpretatorisch wird man sich am recht zähen Klang und der satten Tongebung der Musiker stören, die hörbar dem Bereich der „Neuen Musik“ als aus dem der „historischen Aufführungspraxis“ kommen.
Zudem wirkt die Aufnahme partiell zu hallig – vor allem mit Blick auf die wohl eher für die Kammer (oder gar den Schreibtisch) bestimmten Auflösungen der Rätselkanons. Insofern dokumentiert diese CD auf verschiedenen Ebenen eine schon selbst zum Dokument gewordene Sichtweise.