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Auf den Spuren des musikalischen Berlin

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Wolfgang Feyerabend: Berlin. Eine musikalische Entdeckungsreise
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Wolfgang Feyerabend: Berlin. Eine musikalische Entdeckungsreise, Wissenschaftliche Buchgesellschaft, Darmstadt 2009, 220 S., € 24,90, ISBN 978-3-534-17240-5

Über die Berliner Musikszene ist schon viel geschrieben worden. Der Berliner Literaturwissenschaftler und Kritiker Wolfgang Feyerabend macht jetzt mit ihr auf besonders anregende Weise vertraut, indem er den Leser einlädt, mit ihm durch die Stadt zu wandern und an bekannten Spielstätten oder Wohnungen halt zu machen, um jeweils über Kunsttempel oder Persönlichkeiten informiert zu werden. Vier Jahrhunderte klassischer Musik, so der Anspruch, sollen dem musikliebenden Flaneur präsentiert werden, beginnend mit Paul Gerhardt und Johann Crüger über die Mendelssohns und Lortzing bis zu Wolfgang Rihm und Simon Rattle.

Der Leser wird auf neun Spaziergänge mitgenommen, beginnend mit drei Wegen durch die historische Mitte der Stadt, dann Richtung Süden und Westen nach Kreuzberg (E.T.A. Hoffmann, Paul Lincke), Schöneberg (Otto Klemperer, Wilhelm Furtwängler) und Steglitz (Heinz Tiessen, Ernst Busch, Boris Blacher) bis nach Wilmersdorf und Charlottenburg (Wladimir Horowitz, Trude Hesterberg, Ernst von Dohnanyi). Die wenigen Namen zeigen schon, dass die klassische Musik im Mittelpunkt steht, aber auch die leichte Muse zumindest in ihren besten Vertretern präsent ist; bei der für Berlin typischen Gemengelage spätestens seit 1900 ist das auch ganz folgerichtig.

Ausführlich werden natürlich die Prominenten, wie die Musikerfamilie Mendelssohn Bartholdy, und die bekannten Spielstätten vorgeführt. Aber man begegnet auch zahlreichen weniger bekannten Künstlern und Musikwissenschaftlern, die oft eher im Stillen gewirkt haben, etwa dem großen, von den Nazis 1935 vertriebenen Sammler von Musikinstrumenten Curt Sachs oder den Gründern der heute nicht mehr existierende Musikalienhandlung Bote & Bock. In Summa ein großes Panorama zur und über die Musik, wie es sich in Berlin in unvergleichlicher Weise konzentriert hat.

Doch sind auch einige Mängel anzusprechen. Über manche Formulierungen mag man noch streiten, etwa die Charakterisierung Furtwänglers als „politisch unbedarfter Dirigent“. Weniger schön sind das ungenaue Register und fehlende Nachweise zu den (allerdings treffend) ausgewählten Zitaten. Weh tut es, die Berliner Philharmoniker in „Deutsche Philharmoniker Berlin“ umtituliert zu sehen. Und bedauerlich ist, dass den einzelnen Kapiteln ein genauer Straßenplan zum jeweiligen Viertel fehlt – um wirklich, was hier doch intendiert ist, mit dem Buch in der Hand durch das beschriebene Viertel laufen zu können. So bleibt die Orientierung selbst für den Ortskundigen schwierig, wie viel mehr für auswärtige Besucher. Bei einer zweiten Auflage, die man dem informationsreichen Buch gerne wünscht, sollte dieser Lapsus behoben werden.                                                                           

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