Juliane Ribke/Michael Dartsch (Hrsg.): Gestaltungsprozesse erfahren – lernen – lehren. Texte und Materialien zur elementaren Musikpädagogik. Symposion des Arbeitskreises Elementare Musikpädagogik Stuttgart, 18./19. Oktober 2003, , Regensburg 2004, 200 S., Abb., Notenbsp., € 18,90, ISBN 3-932581-60-1
Die vier am Anfang platzierten Beiträge zur Theoriebildung, denen auch der von M. Dartsch am Schluss des Bandes zuzuordnen ist, versuchen, Fundamente zur Bestimmung der EMP zu legen. Das erweist sich als schwierig. Zu viele und zu heterogene Theoreme werden zur Begründung und Legitimation herangezogen. Ch. Fröhlichs „Präsent sein. Differenzierungs- und Gestaltungsprozesse aus dem musikalischen Jetzt“ wirkt am geschlossensten. Der Präsenzbegriff in Verbindung mit Jean Gebsers Stufentheorie der Bewusstseinsstrukturen liefert einen festen Rahmen, sodass der Leser eine Chance hat, seine kritischen Gedanken irgendwo fest zu machen. Dagegen haben sich R. Pauls/J. Metz in ihrem Aufsatz mit dem überladenen Titel „Elementare Musikpädagogik im Spannungsfeld der polyästhetischen Erziehung und Bildung – Theorie der polyästhetischen Bildung: Ein geeigneter Zugang für die künstlerisch-praktische Tätigkeit in der EMP“ inhaltlich zu viel vorgenommen, wenn sie den Bogen vom „Künstlerischen“ (nach dem kaum tragfähigen Definitionsversuch von Chr. Richter) bis zu einem alternativen Schulmodell in Leipzig spannen. Cl. Meyer („Inszenierung musikalisch-ästhetischer Erfahrungsräume in der Elementaren Musikpädagogik“) fasst wichtige Aspekte ihrer Habilitationsschrift zusammen und bezieht sie auf die EMP. Ihr eloquenter Beitrag enthält einigen Zündstoff, wenn die subjektive Ebene allzu dominant wird und sich l’art pour l’art auf bedenkliche Weise zurückmeldet: „Die ästhetische Einstellung zeichnet sich dadurch aus, dass sie primär keine praktischen und funktionellen Züge verfolgt, die außerhalb der eigenen Ziele (wie etwa Genuss, Erkenntnis) liegen“. Und weiter: Eignen sich W. Welschs ästhetische Theorie und J. Cages kapriziöses „If you celebrate it, it’s art“ wirklich als Bausteine zu einer Theorie der EMP, wie J. Ribke („In Verbindung sein. Fokus und Vernetzung Elementarer Musikpädagogik“) expliziert? Macht es wirklich Sinn, zum Aspekt der sozialen Kommunikation „Mensch – Mensch“ ausgerechnet D. Schnebel als Kronzeugen zu benennen, dessen kompositorisches Œuvre nur in exklusiven Fanzirkeln der Avantgarde rezipiert wird, während Musikkonzepte der World Music und der Popularmusik in den Theorieansatz der EMP noch kaum integriert sind. Das gilt auch für die von C. Orff und G. Keetman geschaffenen Grundlagen. Jedenfalls ist deren musikpädagogische Wiederentdeckung von Perkussion und Körperperkussion, von struktureller Reduktion, Bewegungsprinzip und Improvisation auf der Handlungsebene des vorliegenden Bandes allgegenwärtig. Lebendige Akzente setzten auf dem Symposion W. Rizzis animierende Publikumsarbeit und das Bühnen-Finale der Referenten, das mit dem Perkussionssolo von I. Lee schloss. Es war eine gute Entscheidung, ein Foto dieses elementaren Musikers auf das Umschlagbild des Bandes zu setzen.