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Der „Spalek“ für die Musikwissenschaft

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Ein musikalischer Reiseführer der anderen Art
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Horst Weber/Manuela Schwartz (Hg.): Quellen zur Geschichte emigrierter Musiker 1933-1950, Bd 1: Kalifornien,
K. G. Saur Verlag, München 2003, LII, 364 S., € 78,00,
ISBN 3-598-23746-4

Die vielen deutschsprachigen Künstler, die vor dem NS-Regime geflohen waren und sich in Los Angeles niederließen, bildeten dort ein „Weimar am Pazifik“. Trotz ihrer oft schwierigen Lebensverhältnisse zögerten sie nach 1945 vor der Rückkehr in ihre kriegszerstörte Heimat – bis das antikommunistische Klima der McCarthy-Ära Künstlern wie Bert Brecht, Hanns Eisler, Otto Klemperer, Darius Milhaud und Thomas Mann die Entscheidung erleichterte. Viele ihrer Kollegen blieben jedoch bis zum Lebensende in dem Land, das ihnen Zuflucht geboten hatte. Ihre Nachlässe befinden sich meist noch in Kalifornien und bilden eine wichtige, noch wenig bekannte Quelle zur Musikgeschichte des 20. Jahrhunderts. Nachdem die großen Bestände des Arnold-Schönberg-Archivs inzwischen nach Wien gingen, stellen heute die Ernst Toch Archives der University of California Los Angeles (UCLA) die umfangreichste Sammlung eines exilierten Musikers in Kalifornien dar. 1967 hatte die Witwe den Nachlass, der Musikmanuskripte, Schriften und zirka 21.000 Briefe umfasst, der Universität übergeben. Ausführlich informiert über diese Bestände schon heute das Internet, wo man eine Liste der Musikmanuskripte und Fotos abrufen und ausgewählte Musikbeispiele anhören kann (www.li- brary.ucla.edu/libraries/music/mlsc/toch/index.htm). Diese und andere Internet-Adressen fehlen allerdings bei Schwartz/Weber.

Dagegen finden sich genauere Hinweise zu Tochs Korrespondenz, die das Internet bislang noch nicht bietet, sowie zusammenfassende Quellenangaben zu anderen exilierten Musikern in Kalifornien. Das Quellenverzeichnis ging aus dem DFG-geförderten Forschungsprojekt „Musik in der Emigration 1933–1945: Pilotprojekt Kalifornien“ hervor. Für dieses 1994 am „Zentrum für musikalische Exilforschung“ der Folkwang-Hochschule Essen begonnene Projekt wurden insgesamt 20.000 Quellen erfasst, wovon der vorliegende Band 3.000 berücksichtigt. Auswahlkriterien waren, wie weit die Quellen „für die Umstände der Emigration, für den Prozess der Integration, für die Reflexion der Emigranten und ihre Reaktion auf wichtige Ereignisse der Zeitgeschichte relevant sind“. Entsprechend wird Tochs umfangreiche Korrespondenz auf 30 Seiten zusammengefasst.

Stichwortartig wird auch die Exilkorrespondenz des Musikwissenschaftlers Alfred Einsteins, der Komponisten Hanns Eisler, Ernst Krenek und Darius Milhaud, der Sängerin Lotte Lehmann oder des Dirigenten Ian Popper zusammengefasst. Der Band richtet sich damit an Interessenten, die sich vor einer Archivreise nach Kalifornien einen Überblick über die dortigen Bestände verschaffen wollen. Einen ausführlicheren Vorgeschmack bieten die ausgewählten Dokumente, die im zweiten Teil des Buchs vollständig abgedruckt sind. Detailliert beschreibt etwa der Kapellmeister Hugo Strelitzer, der sich später für die Opernpflege in Los Angeles einsetzte, seine enormen Startschwierigkeiten in den USA. Ebenso bewegend liest sich Herbert Zippers Schilderung des Terrors in Wien 1938 und danach in Dachau.

Im Bereich der Literaturwissenschaft hatte es ähnliche Quellenverzeichnisse längst gegeben. Vorbild war vor allem das dreibändige Handbuch von John M. Spalek, das Archive der gesamten USA zusammenfasst. Wie Spalek bevorzugt Horst Weber den von den Betroffenen selbst oft abgelehnten Begriff der Emigration, obwohl er daneben sogar Kombinationen wie „das Exil der Emigranten“ verwendet. Weitere Bände zu den Quellen in den wichtigsten Exilzentren sollen folgen. Dort sollten dann aber auch die bei US-amerikanischen Archive üblichen Website-Adressen aufgeführt werden, die schon für den vorliegenden Band wichtige Ergänzungen darstellen.

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