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Ein Autorenteam nähert sich dem vorwiegend in Prag gespielten tschechischen Jazz

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Alexander J. Schneller, Ada Schneller, Christian Gerber, Danilo Silvestri: That Jazz of Praha, Vitalis Verlag Prag 2005, 216 Seiten, 24x28 cm, Fadenheftung, gebunden, Schutzumschlag, Lesebändchen. ISBN 3-89919-097-1

Wie faszinierend und wie prägend war doch für uns „Ost-ler“ früher der tschechische Jazz und die Jazzszene in der damaligen CSSR! Klar – auch des Mangels wegen, denn nur ganz wenige kamen an „West“-Platten mit den großen Namen des internationalen Jazz ran. Aber auch, weil die Musikanten unseres südlichen Nachbarstaates einen Jazz von ganz eigener, bei uns so kaum vorfindbarer Spezifik entwickelten.

In Prag gibt es eine ansehnliche Zahl von Jazzklubs beziehungsweise -kneipen, die allabendlich sieben Tage in der Woche ein Live-Programm anbieten. Sie beschäftigen vorwiegend tschechische Musiker, darunter junge Nachwuchsspieler ebenso wie die gestandenen Größen des tschechischen Jazz. Längst sind sehr viele von ihnen auch dem Dresdner Publikum bekannt – nicht nur jenen Jazzfreunden, die mal auf eine Sprung nach Prag in Jazzclubs wie „Reduta“, „Železna“ oder „Agharta“ fahren, sondern auch den Besuchern des Dresdner Jazzclubs (Neue) Tonne. Schon früher, ganz besonders auch in der jüngeren Zeit traten und treten tschechische Jazzer regelmäßig, teils sogar im Rahmen einer extra Reihe „JazzCZ“, in der „Tonne“ auf.

Erstmals nun versucht ein Autorenteam, sich dem Phänomen des vor allem in Prag gespielten tschechischen Jazz auf zweierlei Art zu nähern. Da sind einmal ausführliche Gespräche, die mit den Musikern geführt wurden. Und zum anderen sind die Fotografien – viele im klassischen Sinne Porträts – der Versuch, die Persönlichkeit der Betreffenden einzufangen und zum Ausdruck zu bringen. Dabei entstanden die meisten Aufnahmen unmittelbar vor, während und nach den Gesprächen oder Konzerten. Das Buch will also Einblicke und Augenblicke schaffen: Einblicke in unterschiedliche Musikerleben und in die Prager Jazzszene durch Gespräche vermitteln, Augenblicke im wahrsten Sinn des Worts durch die Fotografien ermöglichen. Porträtiert wurden František Uhlír (Bass), Milan Svoboda (Piano), Jana Koubková (Gesang), Jirí Stivín (Flöten, Saxofone), Michal Gera (Trompete), Emil Viklický (Piano), Laco Tropp (Schlagzeug), Michal Hejna (Schlagzeug), Jaroslav Šindler (Gitarre), František Kop (Saxofone), Robert Balzar (Bass), Karel Ružicka senior (Piano), Jan Knop/alias Najponk (Piano), Yvonne Sanchez (Gesang).

Als Porträts von sensiblen Musikern überzeugen die Fotos rundweg. Sie schaffen eine familiäre Atmosphäre und sagen Einiges über die Mentalitäten der porträtierten Jazzer.

Andere Aspekte des Buches sind dagegen weniger zufriedenstellend. Vor allem, weil das umfassende Thema „Der Jazz von Prag“ etwas verspricht, was der schmale Inhalt nicht halten kann. Textlich geboten werden lediglich biografisch orientierte Stoffsammlungen, die den strukturierten Gesprächen mit den Musikern entstammen und die weder journalistisch durchgearbeitet noch gedanklich verdichtet wurden.

Vielleicht hätte man einen Buchtitel finden sollen, der dem Konzept der Arbeit entspricht.

Zum Thema „Jazz in Prag“ gehört jedenfalls weit mehr. Welche Rolle spielt die große Menge von Touristen für den Jazz in Prag? Die Frage ist keineswegs weit hergeholt. Die Tatsache, dass fast ausschließlich Touristen, die eigentlich wegen Veits-Dom, Kafka und Rabbi Löw nach Prag kommen, die dortigen Jazzkneipen bevölkern, ist doch eine Spezifik, die woanders nicht zu finden ist... Warum haben Free Jazz und freie Improvisationsmusik in Prag und in ganz Tschechien – anders als in vielen weiteren europäischen Szenen – kaum Fuß gefasst? Wie funktioniert der Jazz in Prag wirtschaftlich, welche Rolle spielt er im öffentlichen Leben? All die­se Fragen tauchen zwar als Gedankenfetzen hie und da in den Gesprächsnotizen bei den Musikern auf – wären sie es aber nicht wert, gerade in einem Buch mit diesem Titel richtig durchdacht und ausführlich, weil ja sehr Prag-spezifisch, dargestellt zu werden?

Doch auch an Sachinformationen mangelt es. Adressen, Telefonnummern und Internetseiten von Klubs und von Festivals sucht man vergeblich. Eine Adress-Liste der wichtigsten CD-Läden mit gutem Jazz-Angebot fehlt genauso (immerhin soll das Buch auch von Touristen gekauft werden) wie Angaben zu CD-Labels.

Dass das Buch dann auch noch editorisch seine Schwächen hat, rundet das negative Bild leider ab. Rechtschreibfehler (der Korrektor hatte wohl seine Probleme mit dem Wechsel zur neuen deutschen Rechtschreibung und steht mit dem Thema „ss/ß“ auf Kriegsfuß) und ein schlechtes Layout (viel zu lange Zeilen und extrem schmale Seitenränder erschweren die Lesbarkeit).

Schade, trotz der guten Fotos eine vergebene Gelegenheit ...

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