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Ein Freund, ein guter Freund

Untertitel
Werner Heymanns ebenso amüsante wie lehrreiche Biografie
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Hubert Ortkemper (Hg.): Werner Richard Heymann. „Liebling, mein Herz lässt dich grüßen.“ Der erfolgreichste Komponist der UFA-Zeit erinnert sich, Schott, Mainz 2011, 368 S., € 22,99, ISBN 978-3-7957-0751-4

In den 1950er- und 1960er-Jahren bewegte Musikkritiker wie Theodor W. Adorno oder Hans Heinz Stuckenschmidt immer wieder die Frage nach der Wertigkeit von sogenannter E-Musik. Es irritierte sie, dass viele Schlager und Chansons weitaus populärer waren. In der Tat sind Schlager wie „Ein Freund, ein guter Freund“ und „Das gibt‘s nur einmal, das kommt nicht wieder“ zu Evergreens, ja zu wahren Volksliedern geworden. Und deren Komponist Werner Richard Heymann wollte das auch: „Ich habe immer versucht, Volkslieder zu schreiben“. 

Heymann, 1896 in Königsberg geboren und 1961 in München gestorben, war einer der erfolgreichsten deutschen Komponisten von Filmmusiken, Chansons und Liedern im 20. Jahrhundert. Seine jetzt bei Schott erschienene Biografie ist über das eigentliche Genre hinaus ein Stück deutscher Musikgeschichte, ebenso amüsant wie anschaulich und lehrreich. Das Buch enthält seine bis 1928 reichende Autobiographie und ab dann eine Lebensbeschreibung, zusammengestellt aus dem jüngst der Akademie der Künste in Berlin überlassenen Nachlass. Ein ausführliches Werkverzeichnis nennt eine Fülle von Titeln aus fast 50 Jahren. 

Heymann war ein Künstler, der bei aller heiteren Veranlagung seinen Beruf überaus ernst nahm. Er hatte nach sorgloser Kindheit in Königsberg und Berlin früh zu komponieren begonnen – durchaus  „ernst“: seine „Rhapsodische Sinfonie“ op. 5 brachten im Dezember 1918 keine Geringeren als die Wiener Philharmoniker zur Uraufführung. Aber Heymann kam dann doch zum Kabarett und vor allem zum Film, dessen Übergang vom Stumm- zum Tonfilm er wie kein anderer Komponist begleitet hat. Für ihn sollte und musste sich Musik völlig in die Handlung einfügen und nicht sui generis neben der Handlung und den Schauspielern stehen. Trainiert hatte er sich dafür mit Filmmusiken zu zahlreichen Stummfilmen, etwa Murnaus Faustfilm und Robinsons „Der letzte Walzer“. Kaum gab es Tonfilme,  wurden „Die Drei von der Tankstelle“, „Der Kongress tanzt“ und „Bomben auf Monte Carlo“ auch dank seiner Musik zu Welterfolgen. Mit Blick auf das neue Medium Tonfilm äußerte er: „Für den Film muss die Musik komprimierter, rascher sein. Sie muss so an der Handlung teilnehmen, dass sie selbst Handlung wird.“ 1933 muss­te Heymann wegen seiner jüdischen Abstammung Deutschland verlassen. Er emigrierte zunächst nach Frankreich und dann weiter in die USA. In Hollywood waren schon viele deutsche Künstler – Schauspieler, Regisseure, Kameraleute und Musiker – und wie viele dieser erlebte auch er ein Auf und Ab von Erfolg und Misserfolg. Letztlich erfüllten sich die hochgespannten Erwartungen nicht. Er kehrte 1951 wieder nach Deutschland zurück, wo man ihn noch kannte und verehrte, so dass er teilweise wieder an frühere Erfolge anknüpfen konnte.

Im letzten Kapitel des Buches zerfasert die Darstellung etwas, verliert sich in Nebensächlichkeiten und endet ohne ein von Leser erwartetes Resümee dieses großen Künstlerlebens. Das hatte er kurz vor seinem Tod schon selbst gezogen: „Eines Tages wachst du auf und bist tot. So tot, dass du dich nicht mal mehr wundern kannst!“

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