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Ein kompakt verdichtetes Kompendium

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Reflektierte Chorarbeit: Der zweite Band des Chorleitfadens von Robert Göstl liegt vor
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Nun ist das Werk komplett: Beide Bände des Chorleitfadens ergänzen einander, und die Aufnahmen auf der DVD, die zeitgemäß und sinnvoll zusammengestellt sind, illustrieren die Bücher.

Zentrale Kapitel des zweiten Bandes sind nun: Chorliteratur, Dirigieren, Auftrittsformen (und was damit zusammenhängt) sowie Überlegungen zum Sozialgefüge „Chor“. Begonnen wird mit einem rudimentären, aber praxisnah kommentierten Überblick zur traditionellen weltlichen und geistlichen Chorliteratur, der Anfängern und Studierenden eine systematisch zusammengestellte Handreichung bietet. Ergänzung findet diese durch handwerkliche Tipps zum Umgang mit Partituren.

Sehr erfreulich dargestellt ist das klar formulierte Kapitel zum sinnvollen Einsatz des Klaviers. Danach wird der Leser von der Rolle des Dirigenten über die Dirigiertechnik bis zur Probenkommunikation geführt. Letztgenanntes Kapitel nimmt auf komplementäre Weise Bezug zu vielen Stellen aus dem ersten Band des Chorleitfadens. Zum Thema Auftrittsformen führt Göstl zunächst grundsätzliche Überlegungen bezüglich Thema, Funktion und Ort des Auftritts aus und geht dann zu Details wie Beleuchtung, Auftreten, Kleidung und Programme über. Die Verwurzelung des Autors in der Kirchenmusik ist zu spüren, doch geht er auch ausgewogen auf weltliche Chöre und Chormusik ein. Im Kapitel über das Sozialgefüge schmunzelt der Rezensent zuweilen wissend über die kleinen und größeren angesprochenen Sorgen, die aus gruppendynamischen Prozessen erwachsen können.

Die Gesamtpublikation zeigt alle Stärken und Schwächen, die in der Anrisshaftigkeit oder der sehr kompakten Verdichtung eines Kompendiums nun einmal liegen und gar nicht zu vermeiden sind. Da so viele Bereiche angesprochen werden, wird es beim Benutzen immer Wünsche geben, das eine oder andere Kapitel vertiefter dargestellt zu bekommen. Das sind meist diejenigen Themen, mit denen man selbst nicht so viel Erfahrung hat oder zu denen man noch mehr Ideen hören möchte, wie zum Beispiel bei „Themenkonzerten“ (S. 101), innovativen Auftrittsformen oder  Crossover im weiteren Sinne. Für die Bereiche „Jazz, Pop et cetera“, die eindeutig nicht im Arbeitsmittelpunkt des Autors stehen, bietet dieser aber weiterführende Literatur an, da er für bestimmte Chorgattungen von deren Wichtigkeit überzeugt ist.

Damit kann man leben, denn zu allen ausführlich gestalteten Themen hat Göstl wirklich etwas zu sagen und kann seine langjährigen Erfahrungen und Reflexionen einbringen. Angenehm klingt der von Humanität zeugende sachliche und doch persönliche Tonfall des Autors.

Das gelungene Werk mag in Text und Bild zu der Annahme verführen, dass, wenn man sich nur an die Ratschläge und Tipps hielte, man alles „richtig“ machte. Das weiß der Autor und bietet darum viele Möglichkeiten, zu denen die Leser/-innen ihre eigene Entscheidung treffen müssen, auch wenn Göstl zuweilen seine persönliche Meinung preisgibt. Gelungen ist auch die DVD. Sie bietet einen sehr guten Einstieg in die Stimmbildungsarbeit. Neben laryngoskopischen Aufnahmen des Kehlkopfes während der Phonation werden stimmbildnerische Übungen angeboten mit kurzen Titeleinblendungen und mit Verweis auf die Bücher. Sie sind einzeln anzuklicken oder als Ablauf. Indem er sinnvolle „Ketten“ zusammenstellt, nimmt Göstl bei den Übungen nicht nur auf das „Was“ Rücksicht, sondern auch auf das „Wie“. Gleichwohl ergibt sich die Art der Übungserarbeitung und die Reihung aus der jeweiligen Reaktion des Chores, der hier und heute vor einem steht. Die Probensequenzen wirken trotz der modellhaften „Als ob“-Situation nicht steif, sondern recht natürlich, was nicht nur für den erfahrenen Chorleiter, sondern auch für einen geübten Chor spricht. Probenmethodische Hinweise ergänzen die Sequenz.

Erfahrungsgemäß führt seit Erscheinen der Dirigierliteratur jeder Vorschlag zur Realisierung von Taktfiguren für das Dirigat zu heftigem Pro und Contra. Der Autor formuliert dementsprechend vorsichtig „Taktschwerpunkte schematisierend als Lernhilfe“ und zeigt klugerweise nur die Hände sowie eingeblendet deren Führungsbild. Tempovarianten werden im Text, aber nicht auf der DVD berücksichtigt. Sie wären auch nur im Bezug zur Gesamtkörperspannung sinnvoll. Erfreut sein wird die Fachwelt über das umfangreiche Begleitmaterial, besonders zu Band 1. Word- und Excel-Dateien können von der CD auf den Computer gezogen und direkt individuell verändert werden. Die PDF-Dateien sind meist Checklisten und zum Ausdrucken und Ausfüllen gedacht.

Fazit: Als Student und angehender Chorleiter hätte ich gerne so eine Publikation vor mir gehabt. Als erfahrener Chorleiter finde ich vieles bestätigt, was mir sinnvoll erscheint. Zusätzlich werde ich durch die differenzierten Kategorien und auch durch die Checklisten angeregt, mich selbst, meine Chorarbeit und durchaus auch die anderer zu reflektieren.

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