Michka Assayas: Bono über Bono, aus dem Englischen von Kristian Lutze, Kiepenheuer & Witsch, Köln 2005, 286 S., Abb., € 19,90, ISBN 3-462-03473-1
Ein Star ist ein Star, wenn man sich an ihm reibt. Wenn er Diskussionsstoff bietet, polarisiert und keine Grauzone kennt. Bono, der Sänger, Denker und Vorantreiber der irischen Popband U2, ist ein derartiger Star. Seit Jahren piesackt er uns mit seinem schlechten Gewissen, stellt sich dabei geschickt in den Vordergrund und lässt keine Möglichkeit aus, Politik mit den bandeigenen Kommerz-Nutzen zu verbinden. Größenwahn ist von Bonos Kritikern noch der harmloseste Vorwurf, trifft aber bei „Bono über Bono“ wieder einmal glänzend zu.
Bono Vox, der Frontmann von U2, zugegeben eine der erfolgreichsten Bands der letzten 20 Jahre, kommt herunter um seine Autobiografie zu veröffentlichen. Aber wie alles bei Bono, ist auch dies kein Buch oder eine tatsächliche Autobiografie – nein, bei Bono werden Gespräche mit einem ihm genehmen Journalisten zu seiner schalen Lebensbeichte verwurstet. Sein Problem wird im Buch „Bono über Bono“ sehr deutlich. Nachdem U2 – angetrieben von Bono – immer größer sein wollten und konnten, diesen Standard dann aber nur mehr durch noch egomanischeren Gigantismus erhalten konnten – damit aber scheiterten, denn so groß wie die Beatles werden U2 nie sein – besinnt sich Bono seit einigen Jahren darauf das personifizierte „schlechte Gewissen“ der Mutter Erde zu spielen. Ein Trauerspiel freilich.
Bono hat sich über die Jahre ein Egozentrum erbaut, das sich Journalist und Bandfreund Michka Assayas während des gesamten Buches nie anzutasten wagt. Ehrfürchtig nimmt er all die platten, aufgesetzten und wie auswendig gelernten spröden Ansichten des Frontmanns über Politik, Kirche, Religion, Familie und auch Musik hin. Nur einzelne alibilistische „Ja, aber’s“, wenig Gegenwind für Bono, der sich definitiv einen Tick zu wichtig nimmt, vielleicht sich selbst in schwachen Momenten für den Nabel der Welt hält. Man vermisst während des Buches ein wenig die irische Bodenständigkeit, Zurückhaltung und einen Familienmenschen Bono.
Es wurde ein kaltes Buch, ein Buch ohne roten Faden, ohne Hinterfragen, ohne Wärme. Der Eindruck, Bono schwebte irgendwo über uns, erhärtet sich. Natürlich hat er auch an diesem Image gefeilt und wurde im Musikbusiness einer der letzten charismatischen Stars. Bono war immer ein guter Schauspieler, das bestätigt „Bono über Bono“ eindrucksvoll.