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Elgin Roth erweckt in ihrem zweiten Buch ein verloren geglaubtes Kunstideal zu neuem Leben

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Elgin Roth: Die Wiederentdeckung der Einfachheit – Frédéric Chopins und Ludwig Deppes pianistisches Ideal und seine Bedeutung für den heutigen Klavierunterricht, Forum Musikpädagogik/Band 61, Wißner Verlag, Augsburg 2004, 176 S., ISBN 3-89639-434-7, € 18,50

Die Wiederentdeckung der Einfachheit“ – schlichtweg eine Sensation, ein sagenhaftes Buch, in dem Elgin Roth, wie der Untertitel schon besagt, die bisherige „große Unbekannte“, nämlich die klavierspieltechnisch revolutionäre Konzeption eines Chopin und eines Deppe für Pianisten, Klavierpädagogen und Studenten fachmethodisch erläutert und damit deren beider inhaltlich konzeptionelle Verwandtschaft in einen höchst interessanten Fokus stellt. Die Briefwechsel und Aussagen aus ihren beiden Schülerkreisen, welche teilweise im deutschsprachigen Raum bisher als unbekannt gelten dürften, übersetzte Elgin Roth dabei erstmals umfassend ins Deutsche.

Dieses neue Buch dieser außergewöhnlichen Klavierprofessorin, die im nicht minderen Alter von 77 Jahren ihr erst zweites Buchwerk herausgibt, schließt damit nicht allein für die gegenwärtige Klaviermethodik-Forschung eine bedeutungsvolle Lücke auf einem Gebiet, das bis heute noch nicht einmal unter den Fachleuten ausreichend Beachtung erfahren hat. Elgin Roth geht überdies das Wagnis ein, einen Bezug zu heutigen, längst erfolgreich angewandten Körperbewusstseinspraktiken wie der Feldenkraismethode, der F.M. Alexander-Technik oder der Eutonie herzustellen. Das Buch plädiert für eine notwendig anstehende, ernste und offene Überprüfung, ja Neubewertung klavierspieltechnischer Parameter, welche einst Chopin und Deppe – außerordentlich überzeugend belegt nun in diesem Buch – im Unterricht mit ihren Schülern aufgrund ihrer pianistischen wie klavierpädagogischen Prämissen konsequent vertraten.

Deckungsgleiche Parameter

Ludwig Deppes reformistische, klavierkünstlerisch konzeptionelle Thesen und Ideale, ebenso wie die eines Frédéric Chopins, verhielten sich den Notaten ihrer aussagestarken Schüler nach zueinander als klaviertechnisch nahezu deckungsgleich. Doch scheinen diese unter den gegenwärtigen Pädagogen und Virtuosen längst in Vergessenheit geraten zu sein. Nun erst können diese Parameter endlich eine anstehende Neubewertung erfahren. All dies in einem handlichen, geistreichen Buch, welches sicherlich als ein „historisches Dokument der Klavierspielkunst“ angesehen werden kann. Ohne Frage: hier wird klaviermethodisch Geschichte geschrieben und gemacht. „Nicht der Teufel steckt im Detail, sondern der liebe Gott“, meinte die Autorin unlängst. Das kann ihr so leicht keiner nachmachen – das Buch muss her, für jeden Klavierbegeisterten.

Es ist bares, bisher noch unbeachtetes Wissen, das sich dem Leser da auftut. Frédéric Chopins und Ludwig Deppes „Kunstideal“ orientierte sich damals schon an ganzheitlichen Prinzipien. Es waren und sind dieselben Prinzipien, mit denen wir uns heute noch nicht einmal zur Genüge befasst haben, schon gar nicht in einem Studium an der Hochschule. All die derzeit aufkommenden Fragen von Spieltechnik am Klavier bestätigen die heute so notwendigen Fragen zu diesem Bereich des Klavierspielens und bestärken damit auch jene gegenwärtig stark ausgeprägte Suche zahlreicher Pianistinnen und Pianisten nach wissenschaftlicher Aufarbeitung und Neubewertung ganzheitlich subtilster, gleichzeitig aber einfachster Prinzipien.

Zeugnis universaler Geister

Chopins wie Deppes Antworten darauf sind Zeugnis – Zeugnis universaler Geister des Klavierspiels. Man gerät ins Staunen, wie wahrhaft und gleichermaßen präzise die Dinge des pianistischen Handwerks damals schon beim Namen genannt wurden. Schließlich bewirkte ein allgemeines Vergessen jene wissentliche Verarmung, welche heute allerorts am Klavier sein Unwesen treibt. Wie könnte es auch anders angesichts der Ausbildungsdefizite sein, die mitunter in Kauf genommenen werden.

Das nun vorliegende Buch ist endlich einmal ein Werk, welches das Schlichte, die Einfachheit der Spieltechnik nicht wie allerorts üblich simplifizierend verherrlicht, sondern uns Lesern diese Einfachheit als das einzig Pragmatische und künstlerisch Wahre der Klavierspielkunst offenbart.

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