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Kultur, Kunst und Management – ein systemtheoretischer Versuch
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Martin Tröndle: Entscheiden im Kulturbetrieb. Integriertes Kunst- und Kulturmanagement, h.e.p. verlag ag/Ott Verlag, Bern 2006, 295 S., Abb., € 29,-, ISBN 3-7225-0041-9

Steckt die Wissenschaft Kulturmanagement noch immer in den Kinderschuhen? Auch wenn es bereits seit 20 Jahren Ausbildungsgänge in Deutschland und seit über 50 Jahren in den USA gibt und damit das Forschungs- und Wirkungsfeld längst etabliert sein sollte? Die Profession des Kulturmanagers wird mittlerweile in breiten Teilen der Kulturlandschaft anerkannt – ja, die Forderungen an eine Professionalisierung des Kulturbetriebes riefen und rufen gerade in den letzten Jahren nach den „neuen“ Kulturmanagern. Trotzdem oder gerade deswegen fehlt es laut Tröndle dem Kulturmanagement an eigenen theoretischen und wissenschaftlichen Ansätzen. Zuviel würde aus anderen Disziplinen, vornehmlich der Betriebs- und Volkswirtschaftslehre kopiert und angewandt, ohne die spezifischen Belange der Kultur mit einzubeziehen. Soweit ist ihm unumwunden Recht zu geben. Zu selten werden eigene, innovative Theorien und Konzepte für den Kulturbereich entwickelt, die das Kulturmanagement zu einer eigenständigen Wissenschaft machen würden. Bei seinem nächsten Punkt allerdings scheiden sich die Geister: Entscheidungsumstände in Kulturorganisationen seien selten rechenbar und damit sei eine Übernahme der betriebswirtschaftlichen Entscheidungstheorie – auch in Teilen – nicht möglich, so Tröndle. Dieser Ansicht steht entgegen, dass es in jeder Art von Organisationen quantitative und qualitative Entscheidungen zu treffen gibt. Das Schwarz-Weiß-Malen im Sinne des „Unternehmen sind profitorientiert und damit auf quantitative Entscheidungen zu reduzieren und die Kultur ist um der Kultur willen da, gemeinnützig und damit rein qualitativ“ hat zu lange die Diskussion beherrscht und übergeht in der Verallgemeinerung viele Gemeinsamkeiten, aber auch Unterschiede, die betrachtet werden wollen.

Streitbar ist die Ansicht Tröndles, dass ein Kulturmanager viele der künstlerischen Entscheidungen treffe und daher eine eher qualitative Entscheidungshilfe benötige. Für kleine Projekte, bei denen der Künstler auch gleichzeitig Manager sein muss, ist dies richtig. Bei größeren Institutionen aber, die eine Doppelspitze mit kaufmännischer und künstlerischer Leitung haben, ist dies meiner Ansicht nach nicht der Fall. Hier gibt es vielfältige ökonomische Prozesse, die quantitative Entscheidungen nötig machen. Diese Managementprozesse verbessern nicht unbedingt die Qualität der Kunst, sichern sehr wohl aber die Existenz der Organisation und schaffen sichere Rahmenbedingungen, damit die Kunst in aller gebotenen Freiheit agieren kann.

Auf Basis dieser Gedanken entwickelt Tröndle in seinem Buch eine eigenständige kulturmanagementspezifische und wissenschaftliche Entscheidungstheorie, die darüber hinaus Praxisrelevanz aufzeigt. Dieser intelligente, innovative – aber auch komplexe – systemtheoretische Ansatz erfasst unter anderem organisatorische, ästhetische und soziologische Handlungsfelder. Anhand von Gewichtungen verschiedener Aspekte zum Produkt, zur Präsentation, zum eigenen Verhalten und zur Organisation kann ein geschärftes Profil der Einrichtung visualisiert werden. Dieser Profilrahmen wiederum gilt als Basis für kommende Entscheidungen, aber auch für strukturelle Änderungen. Das entstehende System verbildlicht die Komplexität des Kulturbetriebs und seiner vielfältigen Entscheidungsniveaus. Dieses wird anhand eines fiktiven Festivals (Schwerpunkt zeitgenössische Musik) erarbeitet.
Martin Tröndle kreiert mit seinem Buch einen „offenen, formalen Denkrahmen“, der Kulturmanagern die Möglichkeit geben soll, Entscheidungen im Kulturbetrieb transparenter und effizienter für alle Beteiligten zu gestalten. Dieses Theorem ist durchaus dazu geschaffen, in der Praxis ein- und umgesetzt zu werden und es ermöglicht den Mitarbeitern einer Organisation optimalerweise den ganzheitlichen Blick auf die Einrichtung.

Über den Nutzen dieser wissenschaftlichen Theorie werden die Anwender entscheiden. Voraussetzung ist hier allerdings eine Affinität zu wissenschaftlicher Problem- und Lösungsorientierung und der Wille, die künstlerische Intuition zu vernachlässigen und dem strukturellen, systemtheoretischen Ansatz zu folgen. Gefordert wird hier im besten Sinne der Kulturmanager, der die künstlerischen Prozesse versteht und die ökonomischen und strategischen Prozesse beherrscht.

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