Musik Almanach 2007/08. Daten und Fakten zum Musikleben in Deutschland, hrsg. v. Deutschen Musikrat, ConBrio Verlagsgesellschaft, Regensburg 2006, 1528 S., € 49,90, ISBN 978-3-932581-77-9
„Die Zauberflöte“ liegt wieder ganz weit vorn, weit abgeschlagen dahinter „Carmen“, gefolgt von „Don Giovanni“, „Così fan tutte“ und „Hänsel und Gretel“. Die Hitliste der dreißig am häufigsten in Deutschland aufgeführten Opern gehört zu den zahlreichen Statistiken, die durch ihre gute inhaltliche Strukturierung und die ansprechende tabellarische Präsentation beinahe als Eyecatcher des Aufsatzteils im „Jubiläums“-Almanach bezeichnet werden können. Fasziniert blättert man durch das Zahlenwerk und lässt sich spontan zur Lektüre der kommentierenden Prosa animieren, auch wenn man nicht gerade nach konkreten Informationen sucht.
Seit 20 Jahren begleitet uns der Almanach des Deutschen Musikrats nun schon, alle drei Jahre auf den neuesten Stand gebracht und nun in siebter Auflage. Gleich geblieben ist auch diesmal die bewährte Grundstruktur: einleitend mehrere „Beiträge zum Musikleben in Deutschland“, denen auf fast 1.100 Seiten Angaben zu circa 10.000 Organisationen und Einrichtungen im deutschen sowie – in einem knapperen Überblick – im übrigen Europa folgen. All das ist sehr gut durch ein Stichwort-, ein Orts- und ein Personenregister zugänglich gemacht. Die Konzeption des Bandes beruht – so die Redaktion – „auf dem Gedanken, das Musikleben von seinen Institutionen her zu erschließen.“ Und dass Deutschland diesbezüglich außerordentlich gut aufgestellt ist, macht schon allein die beeindruckende Zahl der verzeichneten Adressen deutlich, die in circa 70 sinnvoll gewählten Kategorien präsentiert werden. Neben den Musikinstitutionen im engeren Sinne wie Organisationen, Behörden, Ausbildungsstätten oder Festspielen finden sich auch Rubriken zur „Musikwirtschaft“ oder zum „Presse- und Publikationswesen“, in denen einen ausgezeichneten Überblick über Unternehmen verschiedenster Sparten geboten wird. In den Einträgen wird neben den üblichen Kontaktdaten stets auch auf die zuständigen Ansprechpartner verwiesen. Hilfreich sind zusätzliche Angaben, in denen Aufgabenbereiche, Schwerpunkte oder Ziele, gelegentlich auch historische Daten knapp skizziert werden.
Und es macht Spaß, all dies ganz altmodisch zwischen zwei Buchdeckeln zu recherchieren, auch wenn die Online-Version (ständig aktualisiert unter www.miz.org) mit ihren vermeintlich überlegenen Recherchemöglichkeiten lockt. Zu wertvoll sind doch die zahlreichen Zufallstreffer, die man aus dem Augenwinkel oder beim umherschweifenden Schmökern eben nur in der Druckversion machen kann. Hier stehen gleichberechtigt bekannte neben vielen abseitig wirkenden und vielleicht gerade deshalb zumeist von großem Engagement getragenen Institutionen, die durch die vorliegende Dokumentation vorurteilslos einer größeren Öffentlichkeit vorgestellt werden. Dass man sich aber von der bloßen Existenz des quantitativ außerordentlich beeindruckenden Institutionengeflechts nicht blenden lassen sollte, machen die begleitenden Überblicksartikel im ersten Teil des Bandes deutlich, der gegenüber der letzten Auflage ausgeweitet und grundlegend überarbeitet wurde. Neu hinzugekommen sind Artikel zu den Bereichen „zeitgenössische Musik“ (Stefan Fricke), „Kirchenmusik“ (Stefan Klöckner) und „Musikfestspiele und Festivals“ (Franz Willnauer). Leider nicht mehr eigens thematisiert wird das Fach Musikwissenschaft (in der Online-Version noch zu finden). Dagegen wird die musikalische Bildungsarbeit, die sich gerade in den letzten Jahren mit neuen Konzepten als wichtige Größe im Musikleben zu positionieren vermochte, mit drei Beiträgen besonders akzentuiert: Neben den traditionellen Themenfeldern „Musik in der allgemein bildenden Schule“ (Ortwin Nimczik) und „Ausbildung für Musikberufe“ (Martin Pfeffer) gilt dies insbesondere für die „vor- und außerschulische Musikerziehung“ (Michael Dartsch).
Die übrigen Beiträge zeichnen das Bild einer immer noch sehr reichen Musikkultur, die allerdings deutliche Erosionserscheinungen aufweist. Gestützt auf umfangreiches Zahlenmaterial, dessen Aussagekraft stets reflektiert wird, werden alle relevanten Bereiche des gegenwärtigen Musiklebens kurz dargestellt, die Entwicklungen der letzten Jahre herausgearbeitet und kritisch kommentiert. Dazu gehören etwa die teils radikalen Umbrüche in den produzierenden und vertreibenden Sparten des Musikmarktes im Internetzeitalter, die zunehmend problematischen Einschnitte in der öffentlich subventionierten Orchester- und Musiktheaterszene, die schwindenden Berufsaussichten bei den Kirchenmusikern oder die sich erheblich verschlechternde Lage der Beschäftigten in der Musikwirtschaft bei momentan wieder relativ stabilen Umsatzzahlen. Das sind zwar im Prinzip alles bekannte Sachverhalte, doch findet man sie wohl kaum an anderer Stelle so pointiert zusammengefasst und seriös belegt.