Peter Kemper (Hg): Rock-Klassiker, Reclam Verlag, 3 Bände, 1588 S., Abb., € 34,90, ISBN 3-15-030027-4
Viel wurde rumgenörgelt an Reclams „Rock-Klassiker“ in den letzten Monaten. Und wenn man wollte, könnte man selbst weiternörgeln über die Auswahl des Herausgebers Peter Kemper. Befremdlich zumindest scheinen mir Einträge zu sein zu den Prinzen, Scorpions oder auch den Searchers. Wenn man sich jedoch klarmacht, dass in Deutschland zumindest solch ein Lexikonversuch bisher ein Desiderat war, mag man das alte Kritikerspiel nicht mehr lange mitspielen. Und auch die Diskussion über den „Kanon“ beginnt einen bald zu ermüden. Vielleicht ist dieses dreibändige Lexikon einfach nur gedacht als erster Baustein einer Basisbibliothek zum Thema.
Über ein Dutzend Autoren, von „Zündfunker“ Karl Bruckmaier bis „Soul Brother“ Gerald Hündgen, versuchen hier, in persönlich gefärbten Biografien die Geschichte der Popmusik nachzuzeichnen: von AC/DC bis Zappa. Im besten Fall bietet das Lexikon in kompakten Essays, die oft perfekten Liner Notes ähneln, Einblicke in musikalische Universen, sei es das der Beatles, Rolling Stones, Beach Boys oder auch von Miles Davis, Curtis Mayfield, Robert Johnson oder Prince. Im „Meer der flüchtigen Alltagskultur“ könnten Rock und Pop als „Erinnerungsanker“ dienen, meint der Herausgeber Kemper im Vorwort: „Allein die Namen der Musiker und Bands könnten als Synonyme für bestimmte Haltungen, Überzeugungen und wechselnde ‚Zeitgeister‘ stehen.“ Als Beispiele dienen ihm die Sex Pistols als Punk-Rebellen der Siebzigerjahre und Madonna mit ihren „postmodernen Rollenspielen“ der Eighties. „Role models“ könnte man viele der Helden dieser Rock-Geschichten nennen, von Hank Williams, Elvis, John Lennon, Bob Dylan, Marvin Gaye bis zu Michael Jackson. Und deshalb vermisst man all die anderen, die es nicht zum „Rock-Klassiker“ geschafft haben, nicht wirklich.