Annie Glattauer: Dictionnaire du répertoire de la harpe. CNRS Ed., Paris 2003, 733 S., € 43,–, ISBN 2-271-06162-8
Harfe, seit Generationen in Frankreich wohl populärstes Instrument und zunehmend auch in deutschen Landen gefragt: allein an Musikschulen verdoppelten sich im Verlauf von zehn Jahren deren Schülerzahlen. Komponisten und Verlage reagieren positiv auf diesen Trend. So düngt es höchste Zeit, für das aktuelle Spielrepertoire der Harfe eine neue Grundlage zu schaffen. Denn vier Jahrzehnte ist es her, dass der verdiente Forscher, Lehrer und Interpret Hans Joachim Zingel sein Harfenmusik-Verzeichnis 1965 bei Hofmeister herausbrachte. Es fand nun eine Nachfolge, nur in anderer Konzeption und im Blickwinkel französischer Harfen-Tradition. Deren Verdienste – Werkschöpfungen, Interpretation und Ausbildung – weiß das Vorwort verständlich zu machen. Voluminös wie ein Telefonbuch präsentieren sich hier Namen und Vita von nahezu 2.000 Harfenkomponisten und deren Musik, von Abbott bis Zipoli, gründlich recherchiert und in einzigartiger Fleißarbeit zusammengetragen, was bislang und was heute zum Spielgut der Harfenspieler gehört. Das gleicht der Summe eines Harfenlebens, verkörpert in Annie Glattauer. Diese Fachhistorikerin und Professorin an der Schola Cantorum würdigt hier die kreativen Musiker aus aller Welt, die sich der Harfe gewidmet haben, und beschreibt kurz und bündig deren Leben im Zusammenhang mit Entstehung und Interpretation einzelner Werke. Zwischen „harpe celtique“ und Konzertharfe die Werktitel zu trennen, gibt Klarheit, ebenso die bibliographische Anordnung der Werktitel einerseits nach früher gebräuchlichen Transkriptionen für Harfe, ehemals aufgelegten (vergriffenen?) Drucken, die sich vielleicht in Bibliotheken wiederfinden, und andererseits nach heute tatsächlich verfügbarem (lieferbarem) Musikalienangebot (leider ohne Verlagsangabe). Entdeckerfreudig die anhängende Systematik aller nur denkbaren Besetzungen für und mit Harfe. Optimal wäre die Hinzufügung von Spielzeit und Schwierigkeitsgrad. Aber auch ohne dies ein einzigartiges und übersichtlich gestaltetes Repertoire-Handbuch für Spieler und Unterrichtende, bei dem der ausschließlich französische Text nicht hinderlich ist. Leider: Manche Harfenkomposition aus jungen Verlagsinitiativen, etwa von Namen wie Robert Edler, Herbert Hechtel, Georg Katzer, Ulrich Leyendecker, Heinz Munkel, Aribert Reimann, Meinrad Schmitt oder Hans Vogt, fehlt. Auch wichtige Autorendaten aus osteuropäischen Katalogen (wie G. Bacewicz, Krzysztof Meyer, Tadeusz Paciorkiewicz) scheinen offenbar nicht über den Rhein gelangt zu sein. Das hat Erinnerungswert für die zu ergänzende Neuauflage.