Petrats Psychologie des Instrumentalschülers gliedert sich im Anschluss an eine sehr aufschlussreiche Einleitung in vier Teile. Der erste Teil beschäftigt sich mit der Persönlichkeit des Instrumentalschülers, es werden wesentliche Aspekte, die die Persönlichkeit eines Instrumentalschülers bestimmen können, angesprochen.
Petrat, N.: Psychologie des Instrumentalunterrichts, Bosse Verlag 2000 Petrats Psychologie des Instrumentalschülers gliedert sich im Anschluss an eine sehr aufschlussreiche Einleitung in vier Teile. Der erste Teil beschäftigt sich mit der Persönlichkeit des Instrumentalschülers, es werden wesentliche Aspekte, die die Persönlichkeit eines Instrumentalschülers bestimmen können, angesprochen. Im Nachdenken um die musikalische Disposition des Schülers geht es sowohl um ein allgemeines musikalisches Potenzial als auch um die altersabhängige Entwicklung musikalischer Fähigkeiten und die musikalische Hochbegabung. Aus den theoretisch gewonnenen Erkenntnissen leitet Petrat dann erste Tipps für den Unterricht ab. Im Rahmen der allgemeinen psychologischen Betrachtungen wird auf verschiedene wahrnehmungs-, motivations-, lern- und tiefenpsychologische, vor allem psychoanalytische Theorien reflektiert. Es wird deutlich, dass sich Musikalität letztlich nur unter Zuhilfenahme vieler verschiedener Theorien erklären lässt. Die Entwicklung musikalischer Fertigkeiten und Fähigkeiten, die anderenorts umfangreiche Bücher füllen, umfasst bei Petrat gerade mal sechseinhalb Seiten und ist ausgesprochen verkürzt dargestellt. Wesentlich scheinen ihm die so genannten sensiblen Phasen und die Erkenntnis, dass der Hauptteil der musikalischen Entwicklung bis zum 10. Lebensjahr abgeschlossen ist. Die musikalische Hochbegabung, eine diskussionswürdige Problematik, wird eher tabellarisch auf kaum mehr als zwei Seiten abgehandelt.Ein weiteres Kapitel befasst sich mit Kerngedanken zur künstlerisch-kreativen Disposition des Schülers. Petrat reißt hier lediglich das Feld musikalischer Kreativität unter Berücksichtigung der neueren Literatur an, um dann Tipps für die Gestaltung eines kreativen Umgangs folgen zu lassen. Was mir hier besonders gefällt ist, dass Petrat fordert, offene, von Neugier, Spaß und Spiel und primärem Interesse getragene Situationen zuzulassen.
Im Rahmen der Identitätsfindung, der Entwicklung des Selbstkonzepts des Instrumentalschülers hebt Petrat die Bedeutung der Musik im Allgemeinen und des eigenen Musizierens im Besonderen hervor. Als Erklärungsansätze dienen ihm hier erneut tiefenpsychologische insbesondere psychoanalytische Theorien etwa von Freud, Klausmeier und Erikson. Neben diesen für mich sehr wichtigen tiefenpsychologischen spielen die entwicklungspsychologischen Ansätze eine große Rolle. Petrat spricht hier von altersbedingten Aspekten der Persönlichkeit, die er im Folgenden einzeln darstellt und jeweils mit Tipps zum Unterricht versieht. Diesen folgen Beschreibungen typischer Verhaltensweisen von Instrumentalschülern. Auch hier wird erneut die Bedeutung tiefenpsychologischer Erklärungsansätze deutlich. Magenschmerzen bereiten mir allerdings Formulierungen wie der ängstliche, der ehrgeizige et cetera Schüler unter der Perspektive schülerorientierten Unterrichts.
Der zweite Teil befasst sich mit dem Lernen und Begreifen der Musik. Diesem Lernen liegen in den meisten Fällen spezifische Lernperspektiven des Schülers zu Grunde. Petrat unterscheidet hier zwischen musikalisch-künstlerischen, musikalisch-technischen, kognitiven und/oder persönlichkeitsbezogenen Perspektiven. Diesen Per-spektiven, die man auch als Fernziele bezeichnen könnte, sind Lernziele, Nahziele, die sich auf ganz konkrete Einzelheiten beziehen, vorgeschaltet. Aus den oben genannten Perspektiven schöpfen Schüler oftmals die Motivation, mit deren Hilfe sich auch die kleinen Lernziele bewältigen lassen. Die Motivation wächst, wenn der Lehrer eine Reihe von Lernmechanismen kennt und diese individuell bezogen und abwechselnd einsetzt. Petrat nennt hier acht solcher Lernmechanismen, beschreibt sie in jeweils einzelnen Kapiteln und lässt jeweils am Ende eines Kapitels Tipps für den Unterricht folgen. Der dritte Teil befasst sich mit dem Thema Motivation. Aus den Erkenntnissen, die der Lehrer aus den drei ersten Teilen gezogen hat, ergibt sich für Petrat ein so genannter Unterrichts-Check, also Kriterien zur Planung, Durchführung und Reflexion einer effektiven Unterrichtsstunde.
Die „Psychologie des Instrumentalunterrichts“ ist ein sehr umfassendes Buch. Petrat gelingt es, im Wesentlichen die Beziehung der am Unterrichtsgeschehen beteiligten Personen bestimmenden Faktoren zu benennen und zu analysieren.
Die Schwächen der Abhandlung liegen für mich immer dort, wo es zu Kategorisierungen kommt, die die Individualität des Schülers, die sich gegen jede Form von Vereinheitlichung stellt, hinten anstellt. Ich glaube, hier handelt es sich um ein grundsätzliches Prob-lem, das unser Denken immer wieder versucht in Muster, Entwicklungs- oder Verhaltenskategorien zu drängen. Dennoch: das Buch sollte Pflichtlektüre eines jeden angehenden Instrumentallehrers und Musikstudenten werden.