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Ein Prachtband feiert 150 Jahre Münchner Gärtnerplatztheater
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„Es ist ein Dach, wo unter dem Aspekt von Freiheit, Toleranz und Selbstverständlichkeit der Künste alles, was das musikalische Genre aufbieten kann, vereint wird“, charakterisiert der derzeitige Intendant Josef Köpplinger das Bayerische Staatstheater am Gärtnerplatz zu seinem 150. Geburtstag. Dementsprechend prächtig feiert ein von Stefan Frey und dem Deutschen Theatermuseum herausgegebener Bildband das zweite Opernhaus der Stadt: mit über 300 Abbildungen.

Die wechselvolle Geschichte erzählen Frey und verschiedene Autoren gleichsam musikalisch: In drei Akten, dazu einem Prolog und Epilog, einem Zwischenakt und einem Intermezzo, wird der Weg des bürgerlich initiierten „Volkstheaters“ anschaulich und voller musiktheatralischer Besonderheiten lebendig – etwa: Kurz vor dem europaweiten „Theatertod“ durch die Weltwirtschaftskrise wagte Direktor Warnecke 1928 die damals heftig umstrittene Jazz-Oper „Jonny spielt auf“ von Ernst Krenek: weiße Mäuse als Premierenstörung, 14 Vorstellungen mit ersten NS-Protesten.

Dem Konkurs 1931 folgte eine umstrittene Verurteilung Warneckes – womöglich der Grund für seinen freiwilligen Todessturz im Münchner Justizpalast. In Abwehr jüdischer Bewerber wurde 1932 ein „deutsches“ Direktoren-Duo bestellt, das dann früh meldete, dass das Theater in der „Hauptstadt der Bewegung“ schon ab dem 1. Mai 1932 „judenfrei“ geführt werde, gipfelnd in der Aufwertung zur „Staatsoperette“ durch die NS-Führung – die als „Musteraufführung“ eingestufte „Lustige Witwe“ mit dem jungen Johannes Heesters besuchte Hitler siebenmal … Brandbomben setzten 1945 dem braunen Spuk ein Ende.

Die Nachkriegsintendanten, voran Kurt Pscherer, führten das wiederaufgebaute und mehrfach teilrenovierte Haus dann zum Titel „Münchens anderes Opernhaus“: mit bewusster und gekonnter Repertoireerweiterung von der Barockoper über das Musical und die Opéra comique bis zu Uraufführungen.

Neben sehr persönlichen Erinnerungen – herausragend, die von Schriftsteller Hans Pleschinski, der seine Theaterlaufbahn als Komparse und „Phantom der Oper“ liebevoll amüsant erzählt – ermöglichen die Beiträge profunde und geradezu sinnliche Einblicke in ein aufregendes Stück Kulturgeschichte der „leichten Muse“.

Frey, Stefan/Deutsches Theatermuseum München (Hrsg.): „Dem Volk zur Lust und zum Gedeihen“. 150 Jahre Gärtnerplatztheater, Henschel Verlag, Berlin 2015, 224 S., Abb., € 34,95, ISBN 978-3-89487-784-2

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