Ernst Theodor Amadeus Hoffmann war ein Universal-Genie: Schriftsteller, Theatermacher, Zeichner, Komponist und Musiktheoretiker. Seine Fähigkeiten verband Hoffmann zu einem faszinierenden Werk, auch in der Erzählung „Die Automate“, die 1814 in der Allgemeinen Musikalischen Zeitung erschien und später in die Sammlung „Die Serapionsbrüder“ einging. Im HörBild-Verlag der Brüder Andreas und Michael Heyser ist jetzt nach eineinhalb Jahren Arbeit eine kongeniale „Automate“ erschienen: ein Audio-Hörbuch mit Musik und Geräuschen, zusätzlich eine CD-ROM mit 16 Tableau-Grafiken von David von Bassewitz.
Hoffmanns „Automate“ ist eine Mischung aus Musiktheorie, Schauer- und Detektivgeschichte: Eine mechanische Türkenfigur macht Furore, angeblich kann sie jede Frage beantworten. Die Freunde Ludwig und Ferdinand testen die „lebendig-tote Figur“, die sie fasziniert und abstößt. Für Ferdinand wird das ein Schock: Er will etwas über die Unbekannte erfahren, die er Jahre zuvor auf einer Reise gesehen und in deren Gesang er sich unsterblich verliebt hat. Niemandem hatte er davon erzählt, doch der Türke weiß: „Sie ist für immer verloren.“
Die Freunde wollen mehr über den mysteriösen Apparat erfahren. Sie stoßen auf den Wissenschaftler und Automatensammler Professor X, diskutieren über Instrumente wie Glasharmonika, Harmonium, Harmonichord und Windharfe, über natürliche und künstliche Klänge, über Menschen- und Maschinenmusik. Unvermittelt bricht die schaurig-schöne Liebesgeschichte ab – aber um sie ging es Hoffmann auch gar nicht.
Hoffmann interessierte sich vor allem für mechanische Musikinstrumente. 1801 besuchte er das Danziger Musikautomaten-Arsenal, 1813 sah er in Dresden die Musikmaschinen von Johann Gottfried und Friedrich Kaufmann. Und natürlich kannte er auch die Arbeiten von Johann Nepomuk Mälzel, dem in Regensburg geborenen Instrumentenbauer und Metronomfabrikanten, der 1800 in Wien sein mechanisches „Panharmonicon“ ausstellte. In „Die Automate“ diskutieren Hoffmanns Helden Ludwig und Ferdinand diese technischen Sensationen und Instrumente, was für den musikalischen Laien schnell langatmig werden könnte. Doch mit diesem Hörbilderbuch wird der Text zu einem aufregenden, sinnlichen Erlebnis. Während man Peter Famulok lauscht, betrachtet man die vorbeiziehenden Grafiken am Bildschirm, die Menschen und Maschinen, Räderwerke und rätselhafte Szenen zeigen, mit schönen Assoziationen, wenn etwa ein Hoffmann-Porträt an einer Wand hängt oder Edgar Allen Poe vorbeischwebt, der ebenfalls über den Schachautomaten schrieb. Akustisch ist das raffiniert mit Geräuschen und vor allem mit aufwendig produzierten Musiken inszeniert. Die Produzenten Michael und Andreas Heyser haben mit Musikhistorikern der Instrumentenmuseen in Leipzig und Berlin zusammengearbeitet, historische Äolsharfen und eine Glasharmonika aufgenommen. Musiken von Johann Friedrich Reichardt, Mozart und Hoffmann wurden am Computer arrangiert. Und so scheppert das skurrile Instrumentenkabinett des Professor X, auch das verschollene Harmonichord – und man hört die sehnsuchtsvolle Stimme der unbekannten Dame. Informationen zu mechanischen Musikinstrumenten in Text und Bild sowie ein spannender Aufsatz zu Hoffmanns Beschäftigung mit Musikautomaten runden das HörBilderbuch ab. „Die Automate“ ist ein raffiniertes multimediales Erlebnis, das dem Universalkünstler Hoffmann ein großartiges Denkmal setzt.