Bernd Riede: Wir erfinden Musik. Komponieren – Improvisieren – Arrangieren (Reihe Orbus Musikus), C.C. Buchners Verlag, Bamberg 2003, 72 S., € 10,40, ISBN 3-7661-6551-8
Jeder Schüler kann improvisieren und komponieren lernen. Das ist Bernd Riedes Motto für seine neue Veröffentlichung, die sich der Erfindung von Musik widmet und sich vorwiegend an Musikkurse in der Oberstufe wendet.
Ausgehend von einfachen Percussion-Kompositionen, zum Beispiel der rhythmischen Begleitung von Liedern oder der Erfindung eines eigenständigen Percussion-Stückes mit genauen Handlungsanweisungen und der Komposition von Sprechstücken führt Riede die Schüler streng systematisch und in kleinen Schritten zunächst zum singenden Improvisieren einfacher Tonfolgen auf der Basis der Kadenz. Die sich daran anschließende Begleitung mit Hauptdreiklängen auf dem Keyboard wird sukzessive erweitert zum recht anspruchsvollen Aussetzen einer vorgegebenen Melodie für Chor oder Instrumente in weiter Lage. Hier koppelt Riede immer wieder musiktheoretisches Basiswissen mit vielen kreativitätsfördernden Aufgaben und ermöglicht somit den Schülern einen direkten und handlungsorientierten Kontakt mit den für das Erfinden von Musik unabdingbaren theoretischen Grundlagen.
Viele nützliche Hinweise für das Arrangieren vorgegebener und im Unterricht selbst erfundener Lieder sind in diesem Schülerbuch ebenso zu finden wie beinahe rezeptartige Tipps für die Komposition von Liedern und Rezitativen und für die Vertonung von Gedichten. Eine Auflistung von Kriterien für die Beurteilung von Kompositionen und Arrangements runden die sehr umfassende Materialsammlung ab. Ergänzt wird diese Veröffentlichung durch einen Anfang 2004 erscheinenden Lehrerband und im Internet verfügbare Übungsmaterialien.
Die vor methodischen Ideen sprühende, jedoch sehr komprimierte Musikerfindungslehre hat den Anspruch, möglichst viele Aspekte der Allgemeinen Musiklehre, der Harmonie-, Formen- und Analyselehre gleichzeitig mit dem handlungsorientierten Erfindungsansatz zu vermitteln. Die hohe Anzahl kreativitätsfördernder und an den Schülern orientierter Aufgaben macht dieses Buch in vielen Bereichen sehr interessant und spannend. Einige Abschnitte sind jedoch über lange Strecken sehr theoretisch gehaltenen (z.B. Kap. 5 „Grundlegendes zur Allgemeinen Musiklehre“ und Kap. 6 und 8 „Akkordlehre“) und entsprechen damit eher dem lehrerzentrierten Unterrichtsansatz. So sind diese Passagen nicht gerade motivationsfördernd und für das selbständige Erarbeiten der Inhalte durch Schüler auch nur bedingt geeignet. In einigen Teilen des Schülerbuches stört auch die fehlende Trennung zwischen für Schüler gedachten Handlungsanweisungen und eher didaktischen Hinweisen für die Lehrer, so etwa die Ausführungen zur Intonation und zur Schulung des Kurzzeitgedächtnisses (Seite 16) oder die umfangreichen Zielformulierungen im Einleitungskapitel (Seite 4). Trotz mancher Mängel, die hauptsächlich in der Lesbarkeit liegen, bietet Riede in diesem Arbeitsbuch ein schier unerschöpfliches Reservoir an Ideen, wie Musiklehre schülernah und praxisorientiert erarbeitet werden und im wahrsten Sinne des Wortes „be-griffen“ werden kann als notwendige Grundlage für die Erfindung von Musik verschiedener Stil- und Ausdrucksformen.