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Wenn es auf der Bühne blitzt und donnert: Katastrophenerfahrungen in Kunst, Musik und Theater

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Jürgen Schläder/Regina Wohlfarth (Hrsg.): AngstBilderSchauLust. Katastrophenerfahrungen in Kunst, Musik und Theater, Henschel Verlag, Berlin 2007, 272 S., Abb., € 29,90,
ISBN 978-3-89487-573-2

Georg Philipp Telemanns „Donner-Ode“ aus dem Jahr 1756 muss auf die Zeitgenossen eine außerordentliche Wirkung gehabt haben. Einem Bericht aus dem Jahr 1771 zufolge geschah dies, „weil es diesem großen Musicus glückte, den Schall des Donners dabey so natürlich auszudrücken, dass in Hamburg ein Weib in eine Ohnmacht sank, weil sie glaubte, es habe in dieser Kirche eingeschlagen.“ Der Münchner Musikwissenschaftler Hartmut Schick zitiert diese Geschichte in einem Beitrag über musikalische Darstellung von Naturkatastrophen im 18. und 19. Jahrhundert; er und sein Kollege Wolfgang Rathert hatten sich vor zwei Jahren an einer Ringvorlesung der Münchner Universität zum Thema „Katastrophenerfahrungen in Kunst, Musik und Theater“ beteiligt; Rathert hatte sich dabei mit der Musik des 20. Jahrhunderts beschäftigt. Die Schilderung von Katastrophen hat in der Kunst eine bis in die Antike zurückreichende Tradition; die Unterscheidung des Aristoteles von Katastrophe und Katharsis – von Schrecken und Reinigung – hat die abendländische Kunst lange bestimmt. Und doch gibt es, wie dieser anregende, sehr informationsreiche Band zeigt, zwischen den einzelnen Gattungen Unterschiede.

Anders als Literatur und bildende Kunst hatte die Musik im 18. Jahrhundert fast immer mythologische Themen oder theologische Fragen als Grundlage für Katastrophenschilderungen genommen und diese wie Zweikämpfe oder Schlachtenschilderungen behandelt. Die pure Darstellung des Chaos war ihr zuwider. Ein Musiktheoretiker schrieb 1754: Falls die Musik die „Wuth eines Rasenden“ nachahme, dann nicht mit Unsinn: „sie wird ihn allemal vernünftig und ein wenig regelmäßig rasen lassen.“ Die musikalischen Mittel bleiben bis weit ins 19. Jahrhundert gleich: permanente Tonwiederholungen, punktierte Rhythmen, rasende auf- und abstürzende Tonleiterläufe, langes Verharren auf einem einzigen Klang, Splitting der Bassmelodien. Eine erste großartige Naturschilderung sehen die Autoren wie im Gewittersatz von Beethovens Pastoralsymphonie zuvor schon beim Biberacher Kapellmeister Johann Heinrich Knecht („Le Portrait musicale de la nature“, 1785). Mit Berlioz wird dann diese Tradition genau auf den Kopf gestellt; nun geht es wirklich um Naturkatastrophen, um Blitz, Donner und zerstörerische Naturgewalten. Das 20. Jahrhundert, ohnehin mehr und mehr als Katastrophe empfunden, wird dann zur Folie der musikalischen Darstellung. Die ästhetische Krise wird zur existenziellen Erfahrung. Schon Ravels „La Valse“, so Rathert, war nicht nur eine Apotheose des Wiener Walzers, sondern eine Allegorie des kulturellen Untergangs. Adorno hielt jene Künstler für die authentischsten unserer Zeit, „in deren Werken das äußerste Grauen nachzittert“. Rathert nennt dafür Bernd Alois Zimmermanns „Requiem für einen jungen Dichter“, Luigi Nonos „Prometeo“, Wolfgang Rihms Kantate „Europa nach den letzten Kriegen“ und vor allem Schönbergs „Ein Überlebender aus Warschau“, 1947 unmittelbar unter dem Eindruck der Kriegskatastrophe komponiert. Musik folgt jetzt nicht mehr eigenen ästhetischen Gesetzen, sondern steht ganz im Dienst der im Wort gegebenen Aussage.

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